Immortal - Invictus
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Immortal - Invictus
László
Piotr Valerius starb bei dem Versuch, seinen geliebten Sohn zu rächen und nun war es an ihm, dem weniger geliebten Sohn, ein Bürde auf sich zu nehmen, an der der stolze Piotr selbst gescheitert war. Es war nicht so, dass László Valerius von seinem Vater verachtet worden war, nur eben weniger geschätzt. Weniger als sein grobschlächtiger Bruder, der der erste war, der der lebenden Heiligen in die Klinge lief. Weniger als seine geliebte Schwester Sienna, die oft mehr ein Todesritter war als es ihr Vater jemals sein hätte können. Weniger als vermutlich die meisten anderen Dinge. Oft fragte sich László selbst, warum ihn Piotre überhaupt zu seinem Sohn erkoren hatte. Gut, er war ein Stratege, sogar ein sehr begabter, und Piotre liebte die Militärtheorie. Sein Vater konnte tagelang über alten Karten brüten, vergangene Schlachten analysieren oder hypothetische Feldzüge planen. Er schätzte Lászlós Geschick in diesen Dingen, doch nahm er Ratschläge nur sehr unwillig entgegen und auch ihr Stil konnte unterschiedlicher nicht sein. Selbst zu Lebzeiten hatte er lieber zur Steinschlosspistole gegriffen als zum Säbel. Einen Todesritter hätte Piotre niemals aus ihm gemacht.
Diese Unterschiedlichkeit war es auch, die ihn immer weiter von seinem Erschaffer weg getrieben hatte. Die Zeit der Ritter und der Feldschlachten war längst vorüber und seine Ideen fanden ihr Gehör an einer anderen Stelle. Markus hatte seine Zustimmung zur Gründung der Todeshändler gegeben und László würde als Erster das Training, das er selbst ersonnen hatte, absolvieren. Der Sohn des altmodischen Obersten Todesritters wurde der erste Todeshändler und nun, da Markus und jetzt auch Piotr tot waren, würde er noch viel mehr sein.
László sah schon während des Bruderkrieges, wo das Problem seines Hauses lag. Valerius hatte sich überdehnt. Zu weit auseinandergezogen. Ihre Banken, ihre Besitzungen, ihre Mitglieder waren zu weit verstreut. Der Bruderkrieg hatte sie geschwächt, doch Piotr wollte davon nichts hören und das Fiasko in Madrid läutete beinahe das Ende dieses Hauses ein. Ein Ende, das er niemals zulassen würde. Die Erbschaft war klar geregelt und László verlor keine Zeit. Er musste retten was übrig war, schnell an Stärke gewinnen, bevor auch nur einer der Geier, die über ihnen kreisten, bemerkte, dass es da bereits etwas zu fressen für ihn gab. Er ließ alle Banken und alle Häuser räumen. Gold, Blut und Vampire sollten heimkehren. Es wurde alles aufgegeben, alles bis auf ein „Kernland“, das sich von Prag bis Weißenburg erstreckte.
Wer sich weigerte, wurde von seiner Tochter Tatjana und ihrer Einheit Todeshändler überzeugt, mit Nachdruck. Er hatte keine Zeit, zimperlich oder sentimental zu sein. Zu viel stand auf dem Spiel. Laszlo mochte nicht besonders gut mit seinem Erschaffer ausgekommen sein, doch er war ein Valerius bis in das Mark seiner Knochen. Kaum jemand war so loyal und so voller Liebe für das Haus. Er hatte die Geschichte dieses Hauses studiert wie kaum ein anderer, entwickelte ein Verständnis für die feinen Fäden, die diese Welt miteinander verbanden und bekam einen Blick für die Fehler, die begangen wurden. Fehler, die so offensichtlich waren, dass es ihn schmerzte, aus Arroganz und Sturheit begangen. Fehler, die sein Haus an den Abgrund gedrängt hatten.
Laszlo war kein Bürokrat und überließ die Logistik seinem Minister Mondus. Der alte Vampir diente bereits Markus und später Piotr als Verwalter. Er kannte sich gut mit Zahlen aus und machte seine Aufgabe hervorragend. Es gab keinen Grund, ihm zu misstrauen. Dennoch fand Laszlo keine Ruhe. Er tigerte in der Weißenburg umher und nahm die Berichte der Todeshändler aus aller Welt entgegen. Er würde sich erst etwas Ruhe gönnen, wenn der erste Teil seines Planes vollendet war und Valerius seine Reihen wieder geschlossen hatte und so unangreifbar geworden war.
Entzweit
Es war Sienna, die aussprach, was viele im Haus über seine Taktik dachten. Die Aufgabe von Land, der Rückzug aus der Welt. Das alles fühlte sich nach Schwäche an, nach Verrat am Werk des großen Markus. Sienna war ehrlich genug, um László ihre Zweifel direkt mitzuteilen. Sie würde in Opposition gehen, hatte eigene Pläne mit dem Haus. Ein neuer Bruderkrieg stand im Raum. Es schmerzte ihn, dass ausgerechnet seine geliebte Schwester ihm in dieser Stunde den Rücken zuwandte.
Sie war stolz, mutig, stur, unglaublich schön und unglaublich tödlich. Sie vereinte die Werte des Hauses Valerius innerlich wie äußerlich in perfektion. Vielleicht war das der Grund, warum er sich seit ihrer Neugeburt zu ihr hingezogen fühlte.
Sienna verließ Weißenburg gemeinsam mit den letzten der Todesritter. Relikte einer vergangenen Zeit. Piotr hatte die meisten in Madrid verheizt und nur noch eine Handvoll waren übrig. Eine einflussreiche Handvoll, zugegeben. Er musste schnell handeln, wenn er nicht einen zweiten Bruderkrieg riskieren wollte, auch wenn er sich nicht sicher war, ob seine Schwester so weit gehen würde. Tatjana und Mondus beschworen ihn, die Sache nach Todeshändler-Art bereinigen zu lassen.
Laszlo lehnte ab. Es gab Dinge, die man einfach nicht tat. Selbst Piotr hatte sich nicht zu einem Attentat gegen Emilio hinreißen lassen. Laszlo wollte seine Herrschaft nicht mit einem feigen Mord an seiner Schwester festigen. Natürlich verschwieg er ihnen die Tatsache, dass er es ohnehin nicht über das Herz brachte. Seine Tochter durchschaute ihn, wie immer. Tatjana ließ Sienna dennoch überwachen. Sienna war Piotr zu ähnlich, um keine Dummheiten zu begehen. Doch sterben sollte sie erst einmal nicht. Es musste einen anderen Weg geben und sie war überzeugt davon, dass ihr Vater einen finden würde.
Wind aus dem Osten
Nur einen Tag darauf erwachte Laszlo in seinem Sarg. Er bevorzugte diese altmodische Art des Schlafens, wenn er alleine war. Es war Tag, doch seine Instinkte sagten ihm, dass etwas nicht stimmte. Sein Zimmer war leer, die schweren Vorhänge und Fensterläden geschlossen.
Die Tür zu seinen Gemächern war aufgebrochen worden, und der Geruch von Blut schlich sich durch das zerbrochene Holz vom Flur herein. Laszlo griff nach seinen Pistolen. Zwei alte Revolver, reich verziert und gut gepflegt.Diese Waffen waren dem Ersten der Todeshändler mehr als würdig.
Halb nackt schlich er auf den Gang hinaus. Die Wachen vor seiner Tür waren tot, aufgeschlitzt. Er stieg über ihre toten Körper hinweg, weiter den Gang entlang, der durch die schmalen Fenster in ein diffuses Licht getaucht war. Weitere Leichen.
Warum hatte jemand die Wachen getötet, seine Tür aufgebrochen, ihn aber verschont? Während er darüber brütete, schlugen seine Sinne an. Da war jemand, nur zehn Meter vor ihm, im Schatten versteckt. Dieser Jemand sprang aus dem Schatten hervor, als er realisierte, dass er entdeckt worden war. Er griff an, schnell und ohne zu zögern, schleuderte Laszlo eine Handvoll Shuriken entgegen, zog sein Katana und ging auf ihn los. Der Erste der Todeshändler hatte wenig Probleme damit, die scharfkantigen Wurfsterne abzuwehren und begegnete dem Angreifer mit krachenden Revolvern. Es war der Kunan, der von Piotr in den Kerker geworfen worden war. László hatte diesen Gast beinahe vergessen. Jemand musste ihn befreit und bewaffnet haben. László war ebenfalls ein schneller und tödlicher Kämpfer. Er lenkte die Schwerthiebe mit den Läufen seiner Revolver zur Seite ab und feuerte seinerseits immer wieder in die Lücken der Verteidigung seines Gegenüber. Doch dieser Kunan war stark und entschlossen. Derjenige, welcher ihn befreit hatte, dürfte ihm auch reichlich zu trinken gegeben haben. Nicht Muskelkraft oder Geschick entschieden diesen Kampf, sondern Kaltschnäuzigkeit.
László feuerte auf eines der größeren Fenster. Das alte Bleiglas zersprang und ließ das unbarmherzige Licht der Sonne direkt in den Rücken des Kunan strahlen. Der Vampir-Samurai wand sich vor Schmerz, als das Licht seine Haut verdampfte und sein Fleisch verbrannte. In diesem Moment versetzte ihm Lászó einen Tritt, der ihn nach hinten durch das Fenster beförderte. Der Kunan segelte als brennende, schreiende Fackel aus dem Turm und seine Überreste krachten auf den Hof der Weißenburg. László sah noch, wie der Wind die Asche den Kunan nach Osten trug, bevor er wieder zurück in den Schatten wich und die Dunkelheit seine eigenen Brandwunden heilen ließ. Mondus und die Wachen, die noch am Leben waren, erreichten ihn nur wenig später. Nur Mondus, Rásvan der leitende Todeshändler der Weißenburg, und László selbst hatten einen Schlüssel zu Gefängnis und Waffenkammer. László beließ es dabei und legte sich wieder schlafen. Wer auch immer diesen Anschlag geplant hatte, er würde ihm nicht den Gefallen tun, ihm noch mehr Beachtung zu schenken.
Eine neue Ära
Entgegen allen Erwartungen wagte László etwas, das selbst Piotr zu gefährlich gewesen war. Die Inthronisation sollte an einem besonderen Ort stattfinden, der dem Zentrum ihres schlimmsten Feindes sehr nahe gelegen war. Das alte Amphitheater in der Nähe von Rom, sollte der Ort sein, an dem László offiziell die Herrschaft über das Haus Valerius übernehmen würde. Dieses Amphitheater war nicht zufällig gewählt, es war der selbe Ort an dem Marcus Valerius Corvinus das Recht verliehen bekommen hatte, ein eigenes Haus zu gründen. Das war über 2500 Jahre her und nun kehrten die Kinder des Marcus an den Geburtsort des Hauses Valerius zurück, um eine neue Ära einzuleiten. Traditionell sollte László den Umhang und das Schwert des Marcus mit sich führen.
Doch das Schwert war verloren. Die Klinge mit der Marcus den Mephisto bezwungen und die das Blut der Corvinus gekostet hatte, war verloren. Piotr führte es gegen die Lebende Heilige in Madrid und die Kirche behielt es als Kriegsbeute. Mondus hatte ein anderes Schwert aufgetrieben, László jedoch weigerte sich, es zu nehmen.
Eine Tradition, die keine war, hatte kein Gewicht für ihn. Es waren Symbole, die keine Bedeutung hatten und er wies Mondus an, ihm stattdessen das Buch zu bringen. Das Gesetzbuch des Hauses Valerius war fast so alt wie das Haus selbst. Viele der Passagen hatte Marcus selbst geschrieben. Dies war das Wort des Marcus Valerius, der Grundstein für die Ordnung der Vampirhäuser, wie sie die Welt der Schatten heute kannte. Dieses Buch war machtvoller als jedes Schwert und jede Krone, es war der Wille des Marcus, gebannt in Blut auf Pergament. Eine deutliche Antwort für die Zweifler.
László betrat das Theater mit diesem Buch in Händen. Die versammelten Vampire schwiegen ehrfürchtig als er es, an seiner statt, auf den Thron legte und das Wort ergriff. László wählte die Worte, die er sprach, mit Bedacht und jeder seiner Sätze entfachte die Glut des Stolzes, die einem jeden Valerius innewohnte, von Neuem. Sienna erhob ihre Stimme und brachte ihre Zweifel zum Ausdruck. Es dauerte nicht lange, bis László sie überzeugt hatte, und am Ende war es die rebellische Sienna selbst, die die Faust in die Höhe reckte und den neuen Leitspruch des Hauses Valerius prägte. „Valerius Invictus!“ Ein Ruf aus hunderten untoten Kehlen. „Valerius Invictus!“ Soll der Wind diesen Ruf tragen bis nach Rom und in die ganze Welt. „Valerius Invictus!“ Unbesiegt, Ungebrochen.
László saß auf dem Thron, der einst für Marcus Valerius geschaffen wurde. Seine rechte Hand stützte sich auf das Buch auf dem Haupt trug er den in Blut getränkten Lorbeerkranz. Starr und unnachgiebig, wie eine Statue aus Marmor gemeißelt, beobachtete er das blutige Fest, das ihm zu Ehren gegeben wurde. Still sog er den Atem einer neuen Ära ein, in der Nacht, in der das Haus Valerius sich selbst neu erfand.
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Re: Immortal - Invictus
Alte Bündnisse
Die Herrschaft war nun eindeutig und László war wieder mit seiner Sienna vereint. Das Haus war wieder kompakt und stark. Es war an der Zeit, die zweite Phase seines Planes in die Tat umzusetzen. Das Haus hatte sich die letzten Jahrhunderte durch seine Vormachtstellung nicht gerade viele Freunde gemacht, dafür umso mehr Feinde. Doch es gab noch alte Schwüre, Versprechungen, Verträge. Alte Bündnisse, die fast in Vergessenheit geraten waren. Es war nun an der Zeit, diese Bündnisse wieder neu zu beleben, denn sie waren es, die die Vormachtstellung des Hauses überhaupt erst ermöglicht hatten.
Blackmaw, das Werwolfrudel, dem der große Blackheard entstammte, war immer schon einer der engsten Verbündeten des Hauses. László traf sich mit Blackwiddow, der Spirituellen Führerin des Rudels in Krakau. Die Frau, die sich Amanda nannte, war sich dem Wert des alten Bündnisses mehr als bewusst, doch brauchte sie ein Zeichen des guten Willens. Ein Symbol, um ihre grobschlächtigen Brüder zu überzeugen. László sollte ihr den Ring des Blackheard zurückgeben. Der Ring war seit Blackheards Tod verschwunden und war ein Symbol für die Macht des Rudels.
László suchte Rat bei Mondus. Der alte Kämmerer wusste vielleicht, wo sich ein Gegenstand von solchem Wert befand. Mondus verwies auf Prag, wo die Besitztümer des Marcus in einem Tresor aufbewahrt wurden. In Prag suchte László gemeinsam mit Sienna und Tatjana nach dem Ring. Sie fanden einen alten Silberring mit einem kunstvoll gearbeiteten Wolfskopfemblem. Mondus versicherte ihnen, dass dies der Ring sein musste.
Eine Falle. Amanda hatte Mühe, die Bestie in ihr zu beherrschen, als sie ihr den Ring brachten. Es war ein Sklavenring, geschaffen von den Corvius, um die Werwölfe unter Kontrolle zu halten. Es war eine Beleidigung, und wäre es nicht Blackwiddow gewesen, der sie diesen Ring vorlegt hatten, wäre es zu einem Desaster gekommen. László entschuldigte sich, und kehrte nach Prag zurück.
Verrat
Mondus erwartete ihn bereits und hetzte die Todeshändler auf ihn. Verrat, wohin das Auge blickte. Selbst ein paar der Todeshändler wagten es plötzlich, sich gegen ihren Ersten zu stellen und Mondus schien der Drahtzieher zu sein. Der Erste der Todeshändler, der Herr der Valerius war jedoch kein leichtes Opfer. Er kämpfte wie ein Löwe gegen die Verräter. Er hatte Tatjana nach Brno geschickt, so blieb nur Sienna, um ihm zu helfen und sie focht in alter Todesrittermanier an der Seite ihres geliebten Bruders gegen die Verräter. Eine Handgranate löschte sie beinahe aus und Sienna blieb schwer verwundet liegen. László konnte einen der Verräter an seine Ehre erinnern und der Todeshändler wurde sich bewusst, welch schrecklichen Fehler er begangen hatte. Er war es, der László nun gegen die restlichen Verräter unterstützte. Am Ende unterlagen die Angreifer und Mondus war geflohen, als Tatjana mit Hubschraubern aus dem Haus in Brno in Prag ankam.
Der reuige Todeshändler ließ László sein Blut trinken und verriet auf diese Weise alle Namen und Gesichter, die noch in dieses Komplott verstrickt waren. Blut log nicht. László gestattete ihm ein ruhmreiches Ende. Der Vampir starb als ein Valerius, als er sich, einer Tradition folgend, die so alt war wie das Haus selbst, in seinen eigenen Pflock stürzte.
Der Oberste des Hauses hob mit Tränen in den Augen den geschundenen Körper seiner Schwester in ein Bad aus Blut. Die Wunden der Kriegerin schlossen sich wieder und ihr Körper gewann neue Kraft.
Tatjana wurde beauftragt, die restlichen Verräter, deren Identität nun bekannt war, aufzuspüren und das Haus zu reinigen. Sie sollten allesamt auf je ein Kreuz genagelt der Sonne begegnen. Der Hohe Herr László würde gemeinsam mit seiner Schwester persönlich den Verräter Mondus zur Strecke bringen.
Eine Falle
Die Hubschrauber jagten über das nächtliche Hinterland von Prag. Wie Greifvögel verfolgten sie eine gepanzerte Limousine, die in halsbrecherischen Tempo über die dunkle Landstraße durch einen Wald hetzte. Der Verräter Mondus konnte nicht hoffen zu entkommen. In Siennas Augen blitzte die Mordlust. Dieser Vampir hatte sein Haus verraten und versucht, seinen rechtmäßigen Herrn zu ermorden. Sie würden es sein, die ihn zur Strecke brachten. Als ihr geliebter Bruder ihr über Funk mitteilte: „Hol ihn dir, geliebte Schwester!“, bleckte sie vor Vorfreude die Fänge. Sie sprang aus dem Helikopter direkt auf das Dach der Limousine. Ihr Morgenstern senkte sich auf das gepanzerte Fahrzeug nieder, ließ die Windschutzscheibe aus Panzerglas springen und wölbte das verstärkte Dach nach innen.
Die Hubschrauber feuerten in die Baumreihen voraus, Holz splitterte und Bäume fielen krachend auf die Straße und versperrten Mondus den Weg. Dieser stieg aus dem Wagen, drängte Sienna wild um sich feuernd in Deckung und rannte in den Wald. Die Todesritterin war ihm dicht auf den Fersen.
Mondus erhielt tatsächlich Hilfe. Eine weitere Gruppe Verräter lauerten im Hinterhalt. Sienna begegnet ihnen im Nahkampf und tötete einen nach dem anderen. Ihr antiker Kettenflegel schnitt in untotes Fleisch, hackte Glieder ab und zerschmetterte Knochen. Sienna zeigte diesen Verrätern, welche Macht ein Todesritter der Valerius entfesseln konnte. László sprang gemeinsam mit seinen Todeshändlern ab. Loyale Vampire und Verräter lieferten sich ein blutiges Gefecht und langsam errang Valerius die Oberhand.
Der hohe Herr des Hauses hatte jedoch nur Augen für den Erzverräter Mondus, der erneut versuchte, sich abzusetzen. Er stürmte durch den Kugelhagel, seinem alten Minister hinterher. László war schnell, und bald stellte er Mondus zum Kampf. Der alte Vampir war mehr ein Verwalter als ein Krieger. Er war zwar ein passabler Schwertkämpfer, doch passabel reichte bei dem Ersten der Todeshändler nicht aus. Mondus wurde von Kugeln durchsiebt, seine Kurzschwerter wurden geschickt von den Läufen der Revolver abgelenkt und am Ende unterlag Mondus. László versenkte seine Fänge in dem geschwächten Feind.
Mondus sprach während des Kampfes von einem neuen Herrn und nun sah László diesen durch das Blut des Verräters.
Ein alter Vampir, groß gewachsen, stand vor Mondus. Sein Augenlicht war erloschen und tausende Bissnarben zierten seinen Körper. Ottokar von Corvius war nicht tot, vielmehr hatte er neue Kraft erlangt. László sah noch, wie Otto Mondus ein Gift injizierte. Die letzte Falle, die der Minister dem neuen Herrn des Hauses Valerius gestellt hatte. Sein Blut war vergiftet. Lászlós Lungen krampften sich zusammen, seine Augen verschwommen, seine Haut blutete. Alles brannte wie Feuer, dann starb László Valerius, Oberster des Hauses, Erster der Todeshändler.
Sienna fand ihren Bruder. Ungläubig kniete sie vor ihm. Es konnte nicht so enden. Es durfte nicht so enden. Ohne László war das Haus verloren, war sie verloren. Sie öffnete sich die Pulsader und flößte ihrem totgeglaubten Bruder ihr Blut ein, während sie bittere Tränen der Verzweiflung vergoss.
Er war am Leben, doch das heimtückische Gift arbeitete in ihm weiter. Er war schwach, jeder Atemzug schmerzte, jedes Wort, dass er hervor presste, war so anstrengend wie die Besteigung eines Berges. Sein Blut schien zu sieden, seine Organe zu kochen und seine Knochen rieben aneinander. Er schwitzte das Blut aus seinem Körper, und nur der ständige Zufluss aus zahllosen Blutkonserven verhinderte, dass László sein Leben aushauchte.
Sienna befragte die Ärzte des Hauses Valerius. Weise Männer, deren Wissen und Erfahrung sich auf hunderte Jahre des Studiums und der Praxis stützten, doch auch sie waren ratlos. Einer sprach von Magie. Blutmagie, wie sie das Haus Garres in ihrem Blutkult praktizierte. War das die Rettung?
Es war László, der unter Qual die Worte „Tu es“ hervorbrachte, als seine Schwester ihm davon erzählte. Er konnte seinen Feinden unmöglich den Gefallen tun, einfach so zu sterben.
Vielleicht war es an der Zeit, alte Feindschaften zu vergessen. Corvinus war ebenso Garres‘ Feind. Damals, als Markus die kleineren Häuser um sich geschart hatte, um dem alten Riesen Corvinus die Herrschaft zu entreißen. Lange vor dem großen Krieg des Mephisto, lange vor dem Konzil vereinten sich Valerius, Garres, Salvatore und Lada und rangen Corvinus nieder, um eine neue Ordnung zu errichten, die bis heute Bestand hatte. Ottokar war der letzte der Ältesten. Er ergab sich damals Markus und wählte das Exil in Warschau. Gerüchten zu Folge hatte ein Unsterblicher ihn geblendet und schwer misshandelt und Otto suchte Schutz in der Gefangenschaft. Nun war er frei, sein Tod nur ein Trick und er schien nach Rache zu dürsten. Ein Vampir dieses Alters war eine echte Bedrohung. Ottokar von Corvinus musste inzwischen über 3000 Jahre alt sein, niemand konnte auch nur einschätzen, welche Macht er besaß und niemand, auch das Haus Garres nicht, konnte sich leisten, diese Bedrohung zu unterschätzen.
Garres
Sienna erhielt eine Audienz bei Xander Garres, der nun in Kendras Namen die offiziellen Geschäfte leitete. Es gab in dieser Welt nicht viele Dinge, die eine stolze Frau wie Sienna dazu bewegen konnten, bei ihrem ältesten und meist verhasstem Feind zu Kreuze zu kriechen. Liebe war eines davon. Schwer kam das Bittgesuch über ihre Lippen, geduldig ertrug sie den Hohn, der ihr von Xander entgegengebracht wurde. Das Haus Valerius bat Garres zu Hilfe. Es konnte für Xander nicht besser laufen. Als dann Sienna jedoch Ottokar von Corvinus erwähnte, versiegte selbst in Xander schnell die Lust darauf, diesen vermeintlichen Sieg noch weiter auszukosten. Haus Garres würde seinen Blutkult nach Weißenburg schicken. Sie würden ihrem alten Feind Valerius helfen, doch nur zu einem Preis. Sollte der Kult Erfolg haben, musste sich László mit Kendra treffen, zu ihren Bedingungen. Sienna willigte ein, sie hatte keine Wahl.
László saß auf dem Thron der Valerius, in sich zusammengesunken, nur noch ein Schatten, der durch die Schläuche aus seinem Oberkörper, die Blut in seine schwachen Venen pumpten, am Leben gehalten wurde. Seine Haut war fiebrig heiß und das Blut drückte sich durch die Poren nach draußen, floss an ihm herab und sammelte sich am Fuße des Throns. Er ließ sich nichts anmerken, doch Tatjana konnte den Schmerz in seinen Augen sehen und es brach ihr beinahe das Herz. Sie hatte das Haus gesäubert. Alle Verräter und deren Hintermänner waren von ihren Todeshändlern ausgeforscht und entweder tot oder geflohen.
Mit gebrochener Stimme wies er sie an, einen neuen Ring für Blackmaw schmieden zu lassen, denn das Original blieb weiterhin unauffindbar. Ein neuer Ring, der für eine erneuerte Freundschaft mit den schwarzen Wölfen stehen sollte, keine plumpe Kopie. Tatjana verstand, und verließ ihren Erschaffer.
Vor dem Thronsaal traf sie auf Sienna, die eben zurückgekehrt war. Sie gerieten aneinander, wie es nur zwei Frauen konnten, die beide so stolz und stark waren, dass es eines Vorwands bedurfte um ihren Gefühlen ein Ventil zu bieten. Tatjana war sich bewusst, dass sie die Nachfolge Lászlós antreten musste, sollte ihr Vater dem Gift erliegen. Sie würde sein Andenken weiterführen so gut sie konnte, denn so hatte ihr Erschaffer sie erzogen. Sie wusste ebenso, dass ihr weder das Haus noch Sienna eine Chance dazu bieten würden, und Sienna machte keinen Hehl daraus. Tatjana wollte das ohnehin nicht. Alles was sie wollte, war ihren Vater weiterhin auf dem Thron zu sehen, damit er sein Werk selbst weiterführen und beenden konnte. Zumindest in dieser Sache waren sich die beiden einig. Auch wenn ihre Worte, von Frust und Verzweiflung gefärbt, eher feindselig waren, so stand man doch auf derselben Seite.
Isaak Garres, der Patriarch des Blutkultes persönlich, traf mit seinem Gefolge in Weißenburg ein. Die anwesenden Vampire des Hauses Valerius spürten die alte Feindschaft tief in ihrem Blut, sie entblößten ihre Fänge und zogen ihr Waffen blank, bereit ihrer Wut freien Lauf zu lassen und ihre alten Feinde zu zerreißen. „Lasst sie gewähren…“, es war nur ein schwaches Flüstern das vom Thron herab zu seinen Untergebenen durchdrang. Augenblicklich verstummten die versammelten Vampire, denn der Herr des Hauses Valerius brauchte nur zu flüstern, um erhört zu werden. Isaak war hier, um ein Ritual zu vollführen, das László entweder das Leben rettete oder es ihm endgültig nahm. Er bestand darauf, mit dem Ersten der Valerius allein gelassen zu werden, doch Sienna weigerte sich, die Seite ihres geliebten Bruders zu verlassen. Beide schworen, dass die Dinge, die nun geschehen sollten niemals geschildert werden sollten und der Patriarch begann mit dem Ritual.
Vor der Türe schritt Tatjana nervös auf und ab. Sie hatte geschworen jeden, der auch nur in die Nähe der Tür zu kommen versuchte, zu töten und niemand der Anwesenden hatte auch nur den geringsten Zweifel an ihren Worten. Es lag ein eigenartiger Singsang in der Luft. Wie ein Summen aus tausend vernähten Mündern. Die Luft roch nach altem, abgestandenen Blut und nach Ozon.
Tatjana begann sich zu fragen, ob es eine gute Idee war, auf den Handel der Garres so rückhaltlos einzugehen.
Das Ritual dauerte fast die ganze Nacht und es war eine Stunde vor Sonnenaufgang als sich die Tore zum Thronsaal wieder öffneten. Tatjana war die Erste die hineinstürmte, mit gezogenen Waffen drängte sie sich an den blutigen Mönchen vorbei, dann machte ihr Herz einen Satz. Da stand László Valerius, Oberster des Hauses Valerius, Erster der Todeshändler und die alte Kraft schien wieder durch seine Venen zu strömen, als ob nie etwas vorgefallen wäre. Ungebeugt, unbesiegt, ungebrochen. „Valerius Invictus…“, entfuhr es ihr.
"Blackmaw"
László war wieder der Alte, nur, dass er nun dem Haus Garres etwas schuldig war. Ein alter Feind hatte sich wieder erhoben und er hatte ihm bereits die erste Niederlage zugefügt. László war nicht an seinem Gift gestorben. Ein Gift, das selbst dem Blutkult nicht bekannt war. Ebenso alt und gemein wie der Mann, der es eingesetzt hatte. Ottokar Corvinus sann also nach Rache, doch war er gegenwärtig noch nicht stark genug, um selbst Hand anzulegen an jene, die seinen Zorn zu spüren bekommen sollten. Er bediente sich minderen Kreaturen wie Mondus, um seine Ziele zu erreichen und nun war die Katze aus dem Sack. László würde diesen Vorteil nicht ungenützt lassen. Er schickte nach den Führern der alten Häuser, die sich schon einmal verbündet hatten, um die Corvinus zu vernichten und nun ebenso bedroht waren wie Valerius. Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Die Vampire würden diese Sache alleine lösen, ohne am Rockzipfel des Konzils zu hängen. Zumindest fast.
László traf sich mit Amanda „Blackwiddow“ vom Blackmaw-Rudel und überreichte ihr den neuen Ring. Ein kunstvoll gestaltetes Schmuckstück aus puren Gold, das Wolf und Valerius in perfekter Harmonie vereinte. Ein Zeichen des Respekts und dem Willen zur Freundschaft. Amanda nahm dankend an. Dieses Geschenk würde sie über ihre Brüder erheben und Blackmaw hatte wieder einen einzelnen Führer. Das alte Bündnis war neu geschmiedet und Valerius hatte wieder einen starken und machtvollen Verbündeten. Der erste Schritt war getan.
Ein weiterer stand noch aus. Es gab noch einen alten Verbündeten des Hauses. Dieses Bündnis bedarf mehr als ein altes Schmuckstück um erneuert zu werden. Die Heilige Inquisition der Kirche hat derzeit eine Menge eigene Probleme.
Die Herrschaft war nun eindeutig und László war wieder mit seiner Sienna vereint. Das Haus war wieder kompakt und stark. Es war an der Zeit, die zweite Phase seines Planes in die Tat umzusetzen. Das Haus hatte sich die letzten Jahrhunderte durch seine Vormachtstellung nicht gerade viele Freunde gemacht, dafür umso mehr Feinde. Doch es gab noch alte Schwüre, Versprechungen, Verträge. Alte Bündnisse, die fast in Vergessenheit geraten waren. Es war nun an der Zeit, diese Bündnisse wieder neu zu beleben, denn sie waren es, die die Vormachtstellung des Hauses überhaupt erst ermöglicht hatten.
Blackmaw, das Werwolfrudel, dem der große Blackheard entstammte, war immer schon einer der engsten Verbündeten des Hauses. László traf sich mit Blackwiddow, der Spirituellen Führerin des Rudels in Krakau. Die Frau, die sich Amanda nannte, war sich dem Wert des alten Bündnisses mehr als bewusst, doch brauchte sie ein Zeichen des guten Willens. Ein Symbol, um ihre grobschlächtigen Brüder zu überzeugen. László sollte ihr den Ring des Blackheard zurückgeben. Der Ring war seit Blackheards Tod verschwunden und war ein Symbol für die Macht des Rudels.
László suchte Rat bei Mondus. Der alte Kämmerer wusste vielleicht, wo sich ein Gegenstand von solchem Wert befand. Mondus verwies auf Prag, wo die Besitztümer des Marcus in einem Tresor aufbewahrt wurden. In Prag suchte László gemeinsam mit Sienna und Tatjana nach dem Ring. Sie fanden einen alten Silberring mit einem kunstvoll gearbeiteten Wolfskopfemblem. Mondus versicherte ihnen, dass dies der Ring sein musste.
Eine Falle. Amanda hatte Mühe, die Bestie in ihr zu beherrschen, als sie ihr den Ring brachten. Es war ein Sklavenring, geschaffen von den Corvius, um die Werwölfe unter Kontrolle zu halten. Es war eine Beleidigung, und wäre es nicht Blackwiddow gewesen, der sie diesen Ring vorlegt hatten, wäre es zu einem Desaster gekommen. László entschuldigte sich, und kehrte nach Prag zurück.
Verrat
Mondus erwartete ihn bereits und hetzte die Todeshändler auf ihn. Verrat, wohin das Auge blickte. Selbst ein paar der Todeshändler wagten es plötzlich, sich gegen ihren Ersten zu stellen und Mondus schien der Drahtzieher zu sein. Der Erste der Todeshändler, der Herr der Valerius war jedoch kein leichtes Opfer. Er kämpfte wie ein Löwe gegen die Verräter. Er hatte Tatjana nach Brno geschickt, so blieb nur Sienna, um ihm zu helfen und sie focht in alter Todesrittermanier an der Seite ihres geliebten Bruders gegen die Verräter. Eine Handgranate löschte sie beinahe aus und Sienna blieb schwer verwundet liegen. László konnte einen der Verräter an seine Ehre erinnern und der Todeshändler wurde sich bewusst, welch schrecklichen Fehler er begangen hatte. Er war es, der László nun gegen die restlichen Verräter unterstützte. Am Ende unterlagen die Angreifer und Mondus war geflohen, als Tatjana mit Hubschraubern aus dem Haus in Brno in Prag ankam.
Der reuige Todeshändler ließ László sein Blut trinken und verriet auf diese Weise alle Namen und Gesichter, die noch in dieses Komplott verstrickt waren. Blut log nicht. László gestattete ihm ein ruhmreiches Ende. Der Vampir starb als ein Valerius, als er sich, einer Tradition folgend, die so alt war wie das Haus selbst, in seinen eigenen Pflock stürzte.
Der Oberste des Hauses hob mit Tränen in den Augen den geschundenen Körper seiner Schwester in ein Bad aus Blut. Die Wunden der Kriegerin schlossen sich wieder und ihr Körper gewann neue Kraft.
Tatjana wurde beauftragt, die restlichen Verräter, deren Identität nun bekannt war, aufzuspüren und das Haus zu reinigen. Sie sollten allesamt auf je ein Kreuz genagelt der Sonne begegnen. Der Hohe Herr László würde gemeinsam mit seiner Schwester persönlich den Verräter Mondus zur Strecke bringen.
Eine Falle
Die Hubschrauber jagten über das nächtliche Hinterland von Prag. Wie Greifvögel verfolgten sie eine gepanzerte Limousine, die in halsbrecherischen Tempo über die dunkle Landstraße durch einen Wald hetzte. Der Verräter Mondus konnte nicht hoffen zu entkommen. In Siennas Augen blitzte die Mordlust. Dieser Vampir hatte sein Haus verraten und versucht, seinen rechtmäßigen Herrn zu ermorden. Sie würden es sein, die ihn zur Strecke brachten. Als ihr geliebter Bruder ihr über Funk mitteilte: „Hol ihn dir, geliebte Schwester!“, bleckte sie vor Vorfreude die Fänge. Sie sprang aus dem Helikopter direkt auf das Dach der Limousine. Ihr Morgenstern senkte sich auf das gepanzerte Fahrzeug nieder, ließ die Windschutzscheibe aus Panzerglas springen und wölbte das verstärkte Dach nach innen.
Die Hubschrauber feuerten in die Baumreihen voraus, Holz splitterte und Bäume fielen krachend auf die Straße und versperrten Mondus den Weg. Dieser stieg aus dem Wagen, drängte Sienna wild um sich feuernd in Deckung und rannte in den Wald. Die Todesritterin war ihm dicht auf den Fersen.
Mondus erhielt tatsächlich Hilfe. Eine weitere Gruppe Verräter lauerten im Hinterhalt. Sienna begegnet ihnen im Nahkampf und tötete einen nach dem anderen. Ihr antiker Kettenflegel schnitt in untotes Fleisch, hackte Glieder ab und zerschmetterte Knochen. Sienna zeigte diesen Verrätern, welche Macht ein Todesritter der Valerius entfesseln konnte. László sprang gemeinsam mit seinen Todeshändlern ab. Loyale Vampire und Verräter lieferten sich ein blutiges Gefecht und langsam errang Valerius die Oberhand.
Der hohe Herr des Hauses hatte jedoch nur Augen für den Erzverräter Mondus, der erneut versuchte, sich abzusetzen. Er stürmte durch den Kugelhagel, seinem alten Minister hinterher. László war schnell, und bald stellte er Mondus zum Kampf. Der alte Vampir war mehr ein Verwalter als ein Krieger. Er war zwar ein passabler Schwertkämpfer, doch passabel reichte bei dem Ersten der Todeshändler nicht aus. Mondus wurde von Kugeln durchsiebt, seine Kurzschwerter wurden geschickt von den Läufen der Revolver abgelenkt und am Ende unterlag Mondus. László versenkte seine Fänge in dem geschwächten Feind.
Mondus sprach während des Kampfes von einem neuen Herrn und nun sah László diesen durch das Blut des Verräters.
Ein alter Vampir, groß gewachsen, stand vor Mondus. Sein Augenlicht war erloschen und tausende Bissnarben zierten seinen Körper. Ottokar von Corvius war nicht tot, vielmehr hatte er neue Kraft erlangt. László sah noch, wie Otto Mondus ein Gift injizierte. Die letzte Falle, die der Minister dem neuen Herrn des Hauses Valerius gestellt hatte. Sein Blut war vergiftet. Lászlós Lungen krampften sich zusammen, seine Augen verschwommen, seine Haut blutete. Alles brannte wie Feuer, dann starb László Valerius, Oberster des Hauses, Erster der Todeshändler.
Sienna fand ihren Bruder. Ungläubig kniete sie vor ihm. Es konnte nicht so enden. Es durfte nicht so enden. Ohne László war das Haus verloren, war sie verloren. Sie öffnete sich die Pulsader und flößte ihrem totgeglaubten Bruder ihr Blut ein, während sie bittere Tränen der Verzweiflung vergoss.
Er war am Leben, doch das heimtückische Gift arbeitete in ihm weiter. Er war schwach, jeder Atemzug schmerzte, jedes Wort, dass er hervor presste, war so anstrengend wie die Besteigung eines Berges. Sein Blut schien zu sieden, seine Organe zu kochen und seine Knochen rieben aneinander. Er schwitzte das Blut aus seinem Körper, und nur der ständige Zufluss aus zahllosen Blutkonserven verhinderte, dass László sein Leben aushauchte.
Sienna befragte die Ärzte des Hauses Valerius. Weise Männer, deren Wissen und Erfahrung sich auf hunderte Jahre des Studiums und der Praxis stützten, doch auch sie waren ratlos. Einer sprach von Magie. Blutmagie, wie sie das Haus Garres in ihrem Blutkult praktizierte. War das die Rettung?
Es war László, der unter Qual die Worte „Tu es“ hervorbrachte, als seine Schwester ihm davon erzählte. Er konnte seinen Feinden unmöglich den Gefallen tun, einfach so zu sterben.
Vielleicht war es an der Zeit, alte Feindschaften zu vergessen. Corvinus war ebenso Garres‘ Feind. Damals, als Markus die kleineren Häuser um sich geschart hatte, um dem alten Riesen Corvinus die Herrschaft zu entreißen. Lange vor dem großen Krieg des Mephisto, lange vor dem Konzil vereinten sich Valerius, Garres, Salvatore und Lada und rangen Corvinus nieder, um eine neue Ordnung zu errichten, die bis heute Bestand hatte. Ottokar war der letzte der Ältesten. Er ergab sich damals Markus und wählte das Exil in Warschau. Gerüchten zu Folge hatte ein Unsterblicher ihn geblendet und schwer misshandelt und Otto suchte Schutz in der Gefangenschaft. Nun war er frei, sein Tod nur ein Trick und er schien nach Rache zu dürsten. Ein Vampir dieses Alters war eine echte Bedrohung. Ottokar von Corvinus musste inzwischen über 3000 Jahre alt sein, niemand konnte auch nur einschätzen, welche Macht er besaß und niemand, auch das Haus Garres nicht, konnte sich leisten, diese Bedrohung zu unterschätzen.
Garres
Sienna erhielt eine Audienz bei Xander Garres, der nun in Kendras Namen die offiziellen Geschäfte leitete. Es gab in dieser Welt nicht viele Dinge, die eine stolze Frau wie Sienna dazu bewegen konnten, bei ihrem ältesten und meist verhasstem Feind zu Kreuze zu kriechen. Liebe war eines davon. Schwer kam das Bittgesuch über ihre Lippen, geduldig ertrug sie den Hohn, der ihr von Xander entgegengebracht wurde. Das Haus Valerius bat Garres zu Hilfe. Es konnte für Xander nicht besser laufen. Als dann Sienna jedoch Ottokar von Corvinus erwähnte, versiegte selbst in Xander schnell die Lust darauf, diesen vermeintlichen Sieg noch weiter auszukosten. Haus Garres würde seinen Blutkult nach Weißenburg schicken. Sie würden ihrem alten Feind Valerius helfen, doch nur zu einem Preis. Sollte der Kult Erfolg haben, musste sich László mit Kendra treffen, zu ihren Bedingungen. Sienna willigte ein, sie hatte keine Wahl.
László saß auf dem Thron der Valerius, in sich zusammengesunken, nur noch ein Schatten, der durch die Schläuche aus seinem Oberkörper, die Blut in seine schwachen Venen pumpten, am Leben gehalten wurde. Seine Haut war fiebrig heiß und das Blut drückte sich durch die Poren nach draußen, floss an ihm herab und sammelte sich am Fuße des Throns. Er ließ sich nichts anmerken, doch Tatjana konnte den Schmerz in seinen Augen sehen und es brach ihr beinahe das Herz. Sie hatte das Haus gesäubert. Alle Verräter und deren Hintermänner waren von ihren Todeshändlern ausgeforscht und entweder tot oder geflohen.
Mit gebrochener Stimme wies er sie an, einen neuen Ring für Blackmaw schmieden zu lassen, denn das Original blieb weiterhin unauffindbar. Ein neuer Ring, der für eine erneuerte Freundschaft mit den schwarzen Wölfen stehen sollte, keine plumpe Kopie. Tatjana verstand, und verließ ihren Erschaffer.
Vor dem Thronsaal traf sie auf Sienna, die eben zurückgekehrt war. Sie gerieten aneinander, wie es nur zwei Frauen konnten, die beide so stolz und stark waren, dass es eines Vorwands bedurfte um ihren Gefühlen ein Ventil zu bieten. Tatjana war sich bewusst, dass sie die Nachfolge Lászlós antreten musste, sollte ihr Vater dem Gift erliegen. Sie würde sein Andenken weiterführen so gut sie konnte, denn so hatte ihr Erschaffer sie erzogen. Sie wusste ebenso, dass ihr weder das Haus noch Sienna eine Chance dazu bieten würden, und Sienna machte keinen Hehl daraus. Tatjana wollte das ohnehin nicht. Alles was sie wollte, war ihren Vater weiterhin auf dem Thron zu sehen, damit er sein Werk selbst weiterführen und beenden konnte. Zumindest in dieser Sache waren sich die beiden einig. Auch wenn ihre Worte, von Frust und Verzweiflung gefärbt, eher feindselig waren, so stand man doch auf derselben Seite.
Isaak Garres, der Patriarch des Blutkultes persönlich, traf mit seinem Gefolge in Weißenburg ein. Die anwesenden Vampire des Hauses Valerius spürten die alte Feindschaft tief in ihrem Blut, sie entblößten ihre Fänge und zogen ihr Waffen blank, bereit ihrer Wut freien Lauf zu lassen und ihre alten Feinde zu zerreißen. „Lasst sie gewähren…“, es war nur ein schwaches Flüstern das vom Thron herab zu seinen Untergebenen durchdrang. Augenblicklich verstummten die versammelten Vampire, denn der Herr des Hauses Valerius brauchte nur zu flüstern, um erhört zu werden. Isaak war hier, um ein Ritual zu vollführen, das László entweder das Leben rettete oder es ihm endgültig nahm. Er bestand darauf, mit dem Ersten der Valerius allein gelassen zu werden, doch Sienna weigerte sich, die Seite ihres geliebten Bruders zu verlassen. Beide schworen, dass die Dinge, die nun geschehen sollten niemals geschildert werden sollten und der Patriarch begann mit dem Ritual.
Vor der Türe schritt Tatjana nervös auf und ab. Sie hatte geschworen jeden, der auch nur in die Nähe der Tür zu kommen versuchte, zu töten und niemand der Anwesenden hatte auch nur den geringsten Zweifel an ihren Worten. Es lag ein eigenartiger Singsang in der Luft. Wie ein Summen aus tausend vernähten Mündern. Die Luft roch nach altem, abgestandenen Blut und nach Ozon.
Tatjana begann sich zu fragen, ob es eine gute Idee war, auf den Handel der Garres so rückhaltlos einzugehen.
Das Ritual dauerte fast die ganze Nacht und es war eine Stunde vor Sonnenaufgang als sich die Tore zum Thronsaal wieder öffneten. Tatjana war die Erste die hineinstürmte, mit gezogenen Waffen drängte sie sich an den blutigen Mönchen vorbei, dann machte ihr Herz einen Satz. Da stand László Valerius, Oberster des Hauses Valerius, Erster der Todeshändler und die alte Kraft schien wieder durch seine Venen zu strömen, als ob nie etwas vorgefallen wäre. Ungebeugt, unbesiegt, ungebrochen. „Valerius Invictus…“, entfuhr es ihr.
"Blackmaw"
László war wieder der Alte, nur, dass er nun dem Haus Garres etwas schuldig war. Ein alter Feind hatte sich wieder erhoben und er hatte ihm bereits die erste Niederlage zugefügt. László war nicht an seinem Gift gestorben. Ein Gift, das selbst dem Blutkult nicht bekannt war. Ebenso alt und gemein wie der Mann, der es eingesetzt hatte. Ottokar Corvinus sann also nach Rache, doch war er gegenwärtig noch nicht stark genug, um selbst Hand anzulegen an jene, die seinen Zorn zu spüren bekommen sollten. Er bediente sich minderen Kreaturen wie Mondus, um seine Ziele zu erreichen und nun war die Katze aus dem Sack. László würde diesen Vorteil nicht ungenützt lassen. Er schickte nach den Führern der alten Häuser, die sich schon einmal verbündet hatten, um die Corvinus zu vernichten und nun ebenso bedroht waren wie Valerius. Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Die Vampire würden diese Sache alleine lösen, ohne am Rockzipfel des Konzils zu hängen. Zumindest fast.
László traf sich mit Amanda „Blackwiddow“ vom Blackmaw-Rudel und überreichte ihr den neuen Ring. Ein kunstvoll gestaltetes Schmuckstück aus puren Gold, das Wolf und Valerius in perfekter Harmonie vereinte. Ein Zeichen des Respekts und dem Willen zur Freundschaft. Amanda nahm dankend an. Dieses Geschenk würde sie über ihre Brüder erheben und Blackmaw hatte wieder einen einzelnen Führer. Das alte Bündnis war neu geschmiedet und Valerius hatte wieder einen starken und machtvollen Verbündeten. Der erste Schritt war getan.
Ein weiterer stand noch aus. Es gab noch einen alten Verbündeten des Hauses. Dieses Bündnis bedarf mehr als ein altes Schmuckstück um erneuert zu werden. Die Heilige Inquisition der Kirche hat derzeit eine Menge eigene Probleme.
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Re: Immortal - Invictus
Ein geheimer Ort voller Geheimnisse
Das Wasser war kühl und prickelte auf der Haut. Laszlo tauchte noch einmal unter, stieg wieder aus dem Wasser empor und schüttelte das Nass aus den blonden Haaren. Die Kaverne war nur von wenigen Fackeln beleuchtet. Die Wände waren voller uralter Fresken. Die Höhlen unter der Weißenburg waren viel älter als die Festung selbst. Das Wasser stieg in dem Höhlensystem nach oben und hatte einst den Burgbrunnen gespeist. Den Brunnen gab es nun nicht mehr. Dies war ein geheimer Ort, der selbst den meisten Mitgliedern des Hauses Valerius unbekannt war. Ein Ort der Ruhe. Der Lärm dieser neuen, lauten Welt war ausgesperrt und es wirkte friedlich.
Laszlo brauchte Zeit um nachzudenken. Er war nur knapp dem Tod entronnen und ein neuer, alter Feind hat sich das erste Mal gezeigt. Ottokar von Corvinus war alt, vielleicht sogar älter als das Haus Valerius. Er war ein rachsüchtiger und mächtiger Feind.
Laszlo erreichte die kleine Insel und stieg nackt aus dem Wasser. Ein Handtuch lag nicht weit entfernt. Während er sich abtrocknete, bewunderte er die Pflanzen und Blumen welche Piotre hier unten angesetzt hatte. Ein kleiner unterirdischer Garten und ein Pavillon, der um eine steinerne Sitzbank herum gebaut worden war. Marcus war immer auf diesem Stein gesessen, wenn er nach hier unten geflohen war, um sich ein paar Stunden der Ruhe zu gönnen. Piotre hatte allen Anschein nach einen grünen Daumen. Oder eine Art Tick. Ein Garten und ein ritterlicher Pavillon für den ersten Todesritter des Hauses Valerius. Laszlo war bisher noch nie in diesem Ding gewesen. Bisher war er nur am Ufer gesessen und hatte auf das schwarze Wasser gestarrt.
Dieses Mal war er neugierig und betrat den Pavillon das erste Mal. Schnell entdeckte er eine kleine Truhe, die unter die steinerne Bank geschoben war. Laszlo öffnete die Truhe und fand die persönlichen Dinge des Piotre Valerius. Haarlocken, Medaillen, persönliche Briefe. Allesamt Zeugnisse aus einer Zeit, in der es noch etwas wert gewesen war, ein Ritter zu sein. Ein Buch mit ledernen Einband erregte seine Aufmerksamkeit.
Laszlo setzte sich auf den Stein und nahm es zur Hand. Dies waren die persönlichen Aufzeichnungen seiner Vorgänger. Notizen des großen Marcus Valerius. Persönliche Dinge, die niemals für die Geschichtsbücher vorgesehen waren. Gierig verschlang Laszlo die auf Pergament gebannten Gedanken des legendären Marcus und das Bild dieser Welt wurde für den jetzigen Herrn des Hauses um einiges klarer. Interessant waren vor allem Marcus‘ letzte Notizen. Das falsche Spiel, das er mit Sophia gespielt hatte, seine Jagd nach der Unsterblichen, seine Ziele, die weit über das hinausgingen, was rechtens war. Eine Geschichte des Größenwahns, die letztlich im Tod des Marcus Valerius mündete.
Laszlo schluckte schwer, als er des Wahnsinns gewahr wurde, der seinen großen Vorgänger befallen hatte. War es immer so? War Wahnsinn die logische Konsequenz der Macht und letztendlich der Auslöser für Selbstzerstörung und Tod? Laszlo blätterte weiter zu den Notizen, die Piotre selbst angefügt hatte. Sein Erschaffer schien sich bemüßigt gefühlt zu haben, dieses persönliche Werk weiter zu führen. Laszlo staunte nicht schlecht, als er las, wie betroffen und traurig dieser, doch sehr menschliche Piotre Valerius, über den Konflikt mit seinem Bruder Emilio war. Es war dieser Bruderkrieg, der ihn zermürbte. Er hätte Emilios Rat und Beistand gebraucht, um dieses Haus so führen zu können, dass es nichts von seiner einstigen Größe verlieren würde. Allein war er zu schwach und Piotre wusste das. Bis zu seinem Ende hielt er seinen Bruder in Ehren.
Was hoffte Piotre in Madrid zu finden? Die Heilige schien nur auf gesegnetem Boden unschlagbar zu sein und Laszlos Vater hatte gewiss einen Plan. Hoffte er durch die Vernichtung der Heiligen den nötigen Respekt zu erringen? Eine Tat zu vollbringen, die ihn ebenso zur Legende machen würde, wie Marcus Valerius, der den Mephisto erschlagen hatte. Oder suchte er den glorreichen Tod, der ihn von seinen Pflichten entbinden und das Haus in Hände legen würde, die den drohenden Fall vielleicht aufhalten konnten? Hände, die zu tun vermochten, wozu er sich stets außer Stande gesehen hatte?
Wahrscheinlich war es eine Kombination aus beiden. Ein letzter Versuch, die Unsicherheit zu überwinden und auf die eine oder andere Weise als Sieger hervorzugehen. Piotres Meinung über Laszlo war also doch nicht so schlecht wie angenommen, denn Piotre wusste sehr wohl, wer im Falle seines Scheiterns das Heft in die Hand nehmen würde und hatte seinen Frieden damit gemacht.
Zu Lebzeiten war es sein Stolz, der ihn daran hinderte, sich Hilfe bei seinen Kindern zu holen, wo doch sein geliebter Bruder hätte da sein sollen, um ihm beizustehen. Stolz, Macht und Wahnsinn waren also die Dinge, die die großen Herren des Hauses Valerius zu Fall gebracht hatten. Diese Seiten enthielten nicht nur Geheimnisse und Gedanken, sie enthielten auch eine Lektion für denjenigen, der zwischen den Zeilen lesen konnte. Laszlo verstand diese Lektionen sehr gut.
"Schickt die Wölfe..."
Tatjana brachte ihm eine Nachricht des Blackmaw rudels. Es war Bitte, ein gefallen um den die schwarzen Wolfe baten. Valerius sollte Mircella Loire ermorden, damit Blackmaw das Loire Rudel übernehmen könne. Ein mehr als plumper Versuch das Haus Valerius für ihre Ziele einzuspannen. Laszlo hatte Amanda, oder Blackwiddow, wirklich mehr klasse zugetraut. Er entschied dieses Angebot zu ihrem Vorteil auszunutzen. Die Antwort war einfach und doppelbödig. Man würde darüber nachdenken und in Betracht ziehen, jedoch bitte das Haus Valerius zuvor noch um einen kleinen Gefallen. Die Wölfe sollte ausschwärmen und herausfinden wo sich Ottokar von Corvinus versteckt hielt. Wölfe waren gut darin Dinge zu finden. Einerseits war es an der Zeit langsam in die Offensive überzugehen, und wenn es nur dazu diente Ottokar selbst zu seinem nächsten Schritt zu drängen. Andererseits würde es Blackmaw ausreichend beschäftigen, vor allem wenn sich der alte Corvinus seiner Verfolger gewahr wurde. Eine Mircella Loire tötete man nicht leichtfertig und eine Übernahme des Loire Rudels würde Blackmaws Macht und Einfluss auf ein bedenkliches Maß anheben. Laszlo würde sich die schwarzen Wölfe warm halten und abwarten wie nützlich sie tatsächlich waren.
"Si vis pacem, para bellum."
Er nahm Tatjana mit sich in die Ewige Stadt. Die Kirche und das Haus Valerius verband ein altes Band und Laszlo war sicher, dass es noch jemanden geben musste, der sich dessen erinnern konnte. Jean Luise Taurant war der letzte hochrangige Inquisitor, der noch übrig war. Er hatte sich scheinbar arrangiert und bekleidete nun das fragwürdige Amt des Präsidenten des päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog. Er stand unter ständiger Überwachung. Ein gewisser Schuhmann, Metatron der Kinder der Offenbarung, wich niemals von seiner Seite. Es war nicht leicht, ihn und seine Bluthunde wegzulocken, damit Laszlo ein ungestörtes Gespräch mit Taurant führen konnte. Tatjana und ihre Todeshändler inszenierten ein Ablenkungsmanöver und der Plan ging auf.
Taurant schien ein vernünftiger Mann zu sein. Gemeinsam wurde klar, dass Varella fallen musste. Nicht getötet, sondern denunziert. Varella hatte mittlerweile so großen Einfluss, dass ein simpler Mord ihn zu einem Märtyrer machen würde. Doch es sollte schwer sein den Ruf eines Mannes zu vernichten, der ein derart untadeliges Leben führte wie Varella. Da gab es nur die Morde und Anschläge, die der inoffizielle Kopf der Kinder der Offenbarung angeordnet haben musste, aber es sollte schwierig werden, ihm etwas nachzuweisen. Taurant gab Laszlo einen Tipp. Der persönliche Bote Varellas würde morgen Abend nach Madrid reisen. Was Laszlo mit dieser Information anfangen würde, überließ Taurant gänzlich dem Ersten der Todeshändler.
Claudio Frondetti, der persönliche Kämmerer seiner Exzellenz, Kardinal Varella, betrat, begleitet von Spezialisten der Schweizer Garde, den Flughafen in Rom. Die Todeshändler wurden ihrem Ruf gerecht. Einem nach dem anderen schalteten sie die Gardisten aus. Nur die tödliche Präzision und die vollendete Heimlichkeit, mit der dies geschehen war, würde letzten Endes auf das Werk der Todeshändler des Hauses Valerius hindeuten. Am Ende stand Frondetti alleine vor seinem Gate, umringt von Laszlo und seiner Tochter. Die beiden geleiteten Frondetti zu einem anderen Flug, er würde auf dem Weg nach Madrid einen kleinen Umweg machen. Frondetti war taubstumm und loyal. Einen tauben und stummen Diener zu halten sagte viel über Varella aus. Er schien argwöhnisch und altmodisch zu sein. Der Kämmerer gab sich Laszlo gegenüber abweisend und arrogant. Laszlo jedoch war geduldig. Jeder Vampir war einst ein Mensch gewesen. Die Geschichte wie Laszlo zu einem Vampir wurde, brachte den Mann ins Grübeln. Laszlo war damals Teil des Taktikstabes des Polnischen Königs Johann III. Sobieski. Er war es, der den Angriff gegen die Türken vor Wien geplant hatte und Piotre Valerius ritt gemeinsam mit den Polen den entscheidenden Angriff gegen die Ungläubigen unter dem Banner der Kreuzes. Laszlos unverhohlene Drohung, er würde Frondetti zu einem Vampir machen, um ihm eine andere Perspektive zu zeigen, reichte, um den Kämmerer dazu zu bringen zu kooperieren. Frondetti öffnete den Aktenkoffer und offenbarte die Akten, welche er nach Madrid bringen sollte. Varella suchte offenbar einen weiteren Unsterblichen, um seine lebende Heilige auf ihn zu hetzen. Laszlo ließ nicht locker. Er erwähnte den Mord an Schwarzenberg und, mehr aus einer Intuition heraus, den Anschlag auf Simon Magnus. Er bekam kein Widerwort und eine wilde Theorie lag plötzlich vor Laszlo ausgebreitet. Was, wenn der Attentäter, sein Name war Steininger, nicht für die Freunde der Menschheit, sondern für Varella gearbeitet hatte? Was, wenn er einen Beweis für eine Verbindung zwischen Varella und Steininger finden konnte?
Frondetti wurde mit seinen Unterlagen nach Madrid geschickt und würde von nun an ein Verbündeter sein.
Laszlo glaubte, auf der richtigen Spur zu sein. Es gab noch etwas Anderes zu untersuchen. Der Anschlag der Kinder der Offenbarung auf die Begräbnisfeier von Angelo Solano. Sowohl Schwarzenberg als auch Varella waren damals anwesend. Kenneth Irons hat dabei eine seiner Frauen verloren, Rebecca McAdams. Noch jemand war damals anwesend und konnte vielleicht etwas wissen. Jemand, der seitdem dem Konzil fern geblieben war. Sein Name war Emilio von Eden.
Zukunft in Vergangenem
Eine Passage in dem Buch, welches Laszlo gefunden hatte, behandelte die Verbannung des Blutkultes aus den Häusern. Das Edikt, welches Marcus verfasst hatte, bildete den Grundstein für die tiefgreifende Fehde zwischen Valerius und Garres. Doch zu seiner Überraschung gab es damals einen Pakt zwischen Willas und Marcus. Worum es in diesem Pakt ging, schien Marcus nicht einmal in dieses Buch schreiben zu wollen, doch es gab einen Zeugen. Mortimer Smythe.
Bevor Laszlo nach Weißenburg zurückkehrte, beschloss er Mortimer einen Besuch abzustatten. Zu wissen, worum es bei diesem Pakt ging, würde ein großer Vorteil sein, wenn er in Bälde sein Versprechen einlösen und Kendra Garres gegenüber treten würde. Das Anwesen der Smythes lag in Kenia und der Reichtum, der von dem dekadenten, völlig überzogenem Bau ausging, schien keine Grenzen zu kennen. Laszlo und seine Tochter wurden freundlich empfangen und durch das Anwesen geleitet. Die Hallen, Salons und Gärten quollen über mit der Zurschaustellung von Geld und Wohlstand. Eine alte Marotte aus der Kolonialzeit, in der der Clan der Smythes zu so großem Reichtum gelangt war. Reichtum und Macht allein konnte aber auch Mortimer Smythe nicht schützen.
Seine Frau Shana empfing den Herrn der Valerius an der Stelle ihres Mannes. Nach langem Zögern ließ sie Laszlo dann doch zu ihrem Gatten vor. Valerius und Smythe verband ein altes Band der Freundschaft. Auf dem Weg zu den Gemächern wurde es selbst Laszlo unheimlich. Einrichtungsgegenstände schwebten herum, das Licht flackerte, kleine bunte Steine wurden wie von Geisterhand aus den Wandmosaiken gelöst und flogen wie schillernde Fischschwärme durch den Raum. Mortimer selbst war nur noch ein Schatten seiner Selbst. Das Bett, auf dem er ruhte, war mit Ketten am Boden befestigt. Seine Haut schien steif und rissig wie Papier zu sein. Seine Augen waren tief in ihre Höhlen versunken. Er war katatonisch und konnte weder etwas sagen noch registrierte er die Anwesenheit Laszlos. True Blood war dafür verantwortlich und Mortimer Smythe war nur aus bloßer Sturheit noch nicht gestorben. Laszlo schwor, nicht ganz uneigennützig, nach einem Weg zu suchen, ihn wieder gesund zu machen. Nur auf diese Weise konnte er hinter das Geheimnis gelangen, das Marcus Valerius und Willas Garres miteinander verband.
Shana dankte ihm und bot an, ihm die Zukunft vorher zu sagen. Laszlo wusste, dass die Ehefrau Mortimers eine Seherin war und die Erfolge, die der Clan der Smythes aufgrund ihrer Begabung errungen hatte, ließen keinen Zweifel an der Wahrhaftigkeit ihrer Kräfte. Doch Laszlo glaubte nicht an vorherbestimmtes Schicksal, nur an das, was man sich selbst erarbeitet hatte. Shana forderte ihn auf, eine Karte aus ihrem Tarot zu ziehen. Sie erzählte ihm, wie Marcus hier war und gezogen hatte. Ja, selbst Piotre besuchte sie einmal und wählte eine Karte. Laszlo entschied sich, nicht zu entscheiden. Shanas Karten blieben unberührt. Doch sie spürte, welche der Karten nach dem neuen Herrn der Valerius gierte. Als Laszlo sich freundlich, aber bestimmt verabschiedet hatte, nahm Shana diese Karte zu Hand. Sie zitterte, als sie die Karte betrachtete und wieder in den Stapel zurück steckte. „Du hast gut daran getan, nicht zu wählen, junger Valerius“, murmelte sie und blickte Laszlo hinterher.
Zurück in Weißenburg kam Sienna zu ihrem geliebten Bruder. Sie hatte derweil alles für das große Treffen vorbereitet. Alle großen Vampirhäuser waren geladen, um sich zu beratschlagen, wie denn nun gegen den neu erstarkten Ottokar von Corvinus vorzugehen sei. Vier Einladungen wurden versendet, doch nur drei sagten dem Treffen zu. Die Salvatore-Zwillinge, Emilio von Eden und Kendra Garres. Seraphima Lada gab an, nicht interessiert zu sein. Das war bedauernswert, kam aber nicht überraschend. Das Haus Lada hatte sich schon immer aus den Angelegenheiten Europas herausgehalten. Bevor das Treffen jedoch stattfinden konnte, musste Laszlo noch eine Schuld begleichen. Für seine Rettung vor dem Gift, mit dem Ottokar ihn beinahe umgebracht hatte, musste er schwören, Kendra Garres zu treffen. Allein. Laszlo hatte nicht vor, wortbrüchig zu werden. Sienna hatte bedenken. Sie traute dem alten Feind Garres nicht über den Weg und machte sich Sorgen um ihren Geliebten. Sollte es sich tatsächlich um eine Falle handeln, wäre sie sehr einfallslos und ungeschickt eingefädelt. Man konnte den Garres eine Menge vorwerfen, doch diese beiden Eigenschaften passten nicht zu ihrem Stil. Allerdings war Willas tot, und im Haus Garres konnte sich eine Menge geändert haben. Laszlo gab Sienna das Buch, das er in dem Pavillon gefunden hatte. Sollte ihm etwas zustoßen, sollte Sienna es an Tatjana weitergeben und dieser helfen, das Haus in seinem Sinne weiter zu führen. Sienna versprach ihm, dafür zu sorgen, dass dieses Buch in die richtigen Hände gelangte, auch wenn die Vorstellung, Laszlo an Garres zu verlieren ihr großen Kummer bereitete.
Tatjana begleitete ihn in dem Privatjet und Laszlo bereitete seine Tochter darauf vor, seine Stellung einzunehmen, sollte es sich tatsächlich um eine Falle handeln. Sie vertraute ihm so sehr, dass sie ihm sogar ihr größtes Geheimnis offenbarte. Sie trug schon eine Zeitlang einen Anhänger um den Hals und natürlich war ihm das aufgefallen und obwohl er sie danach gefragt hatte, hatte sie es ihm niemals erzählt. In der Angst, ihren Vater nun zu verlieren, gestand sie ihm ihr Geheimnis. Tatjana hatte ein romantisches Verhältnis zu einem Sterblichen und fürchtete seine Reaktion deswegen. Laszlo würde lügen, wenn er angab, damit keinerlei Problem zu haben. Man spielte nicht mit dem Essen, weil es passieren konnte, dass man dabei den Appetit verlor. Aber er würde nicht denselben Fehler begehen, wie Marcus ihn bei Emilio und Sophia begangen hatte und er war froh, dass ihm seine geliebte Tochter so sehr vertraute. Er würde ihr Vertrauen nicht enttäuschen. Sollte sie die begrenzte Zeit mit ihrem Menschen genießen. Laszlo beschloss sich erst wieder mit der Angelegenheit zu befassen, sollte sie sich entschließen, ihre Liebschaft zu einem Valerius zu machen. Tatjana schien überglücklich mit seiner Entscheidung.
Ruben
Ruben schlenderte unentwegt durch den Raum und betrachtete die Uhrensammlung seines Erschaffers. Xander hatte ein Hobby gefunden, dass ihm scheinbar einen gewissen Ausgleich zu seiner anstrengenden diplomatischen Arbeit bot. Standuhren, manche über zwei Jahrhunderte alt, stapelten sich förmlich in Xanders Allerheiligstem und schlugen alle im selben Takt. "Die Uhren schlagen schneller, dieser Tage." pflegte er dan immer anzumerken.
Obwohl Xander Garres sein Erschaffer war, pflegten die beiden stets ein eher brüderliches Verhältnis. Die romantische Beziehung zwischen den beiden hatte längst seinen Reiz verloren und der Grund, warum Xander ihn zu sich bestellt hatte, war, wie schon seit Jahrhunderten, rein geschäftlicher Natur. Laszlo Valerius hatte, zur allgemeinen Überraschung, sein Kommen angekündigt. Bedingungslos schien der neue Herr der Valerius Wort zu halten. Xander bat seinen Abkömmling, dessen guten Draht zu Kendra zu nutzen, um sie gebührlich auf das Treffen vorzubereiten.
Olivia schien nun wieder das Ruder der Politik an sich zu reißen und fand trotz allem bei Kendra immer noch Gehör. Ruben hatte sich nichts vorzuwerfen. Es war seine Pflicht als Mitglied des Hauses Garres, Olivia aus den Fängen der Freunde der Menschheit zu entreißen. Ob er sie nun ausstehen konnte oder nicht, spielte dabei keine Rolle. Sie war eine Garres und er war es auch. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Ruben sagte zu, gleichwohl er es hasste Kendra, in irgendeiner Form zurecht zu biegen. Sie war seine Herrscherin und seine Blutkönigin. Ihr Wille war Gesetz und er sah es vielmehr als seine Aufgabe an, in ihr diesen Willen zu formen. Scheinbar war das geplante Bündnis ein allgemeines Anliegen und sowohl Olivia wie auch Xander fürchteten ihre unberechenbare Kendra konnte alles wieder kaputt machen.
Ruben traf seine Geliebte wie immer in der Bibliothek des Blutkultes an. Sie hatte die alten Schriften förmlich verschlungen und in dem letzten Jahr mehr gelernt, als Ruben in seinen 200 Jahren, die er im Blutkult verbracht hatte. Immer wieder erinnerte Ruben sie an die Worte die von den blutdurchtränkten Wänden wiederhallten, als er Kendra das erste Mal durch die Katakomben geführt hatte. Worte die ihn seitdem nicht mehr los ließen. Arash cu´r tal Tagar, das Blut braucht seine Königin. Weder er, noch Kendra wussten mit Sicherheit was das zu bedeuten hatte, doch Ruben war überzeugt, dass der Tag immer näher rückte an dem Kendra sich als die Königin des Blutes offenbarte.
Doch der Grund seines Besuchs war diesmal ein Anderer. Kendra war sich des Bündnisses noch unschlüssig und genervt, dass ständig jemand zu ihr kam, um ihr zu sagen, was sie zu tun hatte. Ruben versicherte ihr, dass er der letzte war, der ihr gute Ratschläge geben wollte, nur wenn sie seine Meinung zu dem Thema hören wolle, würde er sie ihr sagen. Sie wollte. Ruben war von vornherein der Meinung, dass Arschkriechen der falsche Weg sei, wie mit dem geschwächten Haus Valerius umzugehen war. Sie sollte Laszlo ruhig spüren lassen, wer nun das mächtigste Haus war und diese Vormachtstellung beanspruchte.
Ruben hatte Laszlo getroffen, als er Isaak nach Weißenburg begleitet hatte. Dieser Laszlo war klug, berechnend und spielte den Umgänglichen, aber er war immer noch ein Valerius, stur und stolz. Es schien, als hätten ihre alten Feinde einen gefährlichen Mann an die Spitze gehievt. Doch eine Kendra Garres vermochte zu überraschen und war für Außenstehende nur schwer einzuschätzen.
Rubens Ratschlag war, sie sollte einfach sie selbst sein. Aber sie sollte im Hinterkopf behalten, dass mit Ottokar von Corvinus ein Feind auf der Bildfläche aufgetaucht war, der auch eine ernste Bedrohung für Garres darstellte. Die Garres hatten ihren Lehnsherrn ebenso betrogen wie Valerius und angesichts eines solchen Feindes würde man sich gegenseitig brauchen. Ruben konnte sich erinnern, einmal ein Buch gelesen zu haben, welches Ottokar selbst verfasst hatte. Er war einst ein Meister der Blutmagie gewesen und mit dem Alter nahm die Macht eines Vampirs nur selten ab, vielmehr das Gegenteil war der Fall. Ruben versprach in ihrer Nähe zu bleiben, wenn das Treffen vonstatten, ging um ihr das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein.
von Feinden umringt
Laszlo erreichte das alte Haus in Pennsylvania am frühen Abend. Wie erwartet machte das Haus von außen nicht viel her. Sie ließen ihn klopfen. Laszlo hatte mit solch plumpen Beleidigungen gerechnet und ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. Er genoss das Gewicht seiner beiden Revolver in den Halftern, während er wartete. Zumindest stand er nicht völlig nackt vor der Tür seiner einstigen Feinde.
Ihm wurde aufgemacht und er trat ein. Von innen präsentierte sich Garres in einem völlig anderen Licht, als er das erwartet hatte. Modern, straff, die Augen in die Zukunft gewandt. Laszlo war überrascht. Abgesehen vom Blutkult war das Haus Garres nie allzu traditionell, aber das hier war etwas völlig Neues. Eine erstaunlich hohe Anzahl junger Vampire tummelten sich im Inneren des Hauses. Garres hatte anscheinend angefangen, zu rekrutieren und ihre Zahl zu erhöhen. Die meisten dürften nicht später als vor einem Jahr verwandelt worden sein. Viele der Jünglinge trugen kunstvolle Halbmasken vor dem Gesicht, um, wie es schien, ihre Loyalität zu ihrer Herrin zu demonstrieren. Ihre Kleider erinnerten mehr an eine Uniform als an die Mode, welche für die Aristokratie der Nacht üblich war. Das war eine neue Generation an Vampiren, jung, diszipliniert und mit der heutigen Zeit vertraut. Laszlo fing an, neidisch zu werden. Xander Garres empfing ihn überaus freundlich. Er war ein schmieriger kleiner Speichellecker, aber Laszlo machte nicht den Fehler, ihn zu unterschätzen. Dieser Mann konnte verschlagen und gemein sein wie eine Giftspinne.
Er geleitete Laszlo nach unten. Das Treffen sollte in den Katakomben des Blutkults stattfinden. Man wollte ihn verunsichern, ihn in ungewohntes Terrain bringen. Laszlo hatte alles gelesen, was es im Haus Valerius noch über den Blutkult zu lesen gab. Es würde ihnen nicht gelingen, ihn mit müdem Hokuspokus einzuschüchtern. Ihm wurde erneut bedeutet zu warten. Laszlo war es langsam Leid, in Vorräumen und Gängen auf Audienzen zu warten, doch er ertrug es, auch wenn er sich langsam wie ein Hausierer vorkam. Xander verschwand in den Gängen und Laszlo war allein.
Plötzlich fielen Gitter, vor und hinter ihm von den Wänden und sperrten ihn ein. Laszlo protestierte, doch niemand antwortete auf seine Rufe. Plötzlich öffnete sich eine Klappe im Boden. Ein Vampir kroch heraus, ausgemergelt, schwach, erbärmlich. Diese Kreatur war nicht im Geringsten eine Gefahr für ihn. Wollte man ihn verhöhnen oder war es ein Test? Laszlo entschied sich für Zweiteres. Die Kreatur war immerhin ein Vampir, und er war offensichtlich schwer misshandelt worden. Er hätte sie mit Leichtigkeit von seinem Elend erlösen können, was vermutlich sogar gnädig gewesen wäre, doch er war hier gefangen und die Kreatur könnte ein potenzieller Verbündeter sein. Sein Blick fiel auf das Glas Blut, das er als „Willkommenstrunk“ erhalten hatte. Es war noch so gut wie voll. Laszlo beugte sich hinab zu der elenden Kreatur und flößte ihr den roten Saft ein. In diesem Moment vernahm er eine Stimme hinter sich.
Es war Isaak, der Priester, der ihn in Weißenburg kuriert hatte. Der Hohn in seiner Stimme war unverkennbar. Dieser Mann hasste ihn. Er hasste ihn allein dafür, wer er war. Er hatte ihm diese Falle gestellt. Die Kreatur war ein Mitglied des Hauses Valerius gewesen. Das war das Schicksal, das jene ereilte, die das Pech hatten, lebendig in die Fänge der Garres zu geraten. Laszlo zog seinen Revolver und zielte auf den hämischen Priester, noch bevor er den Schuss anbringen konnte, fiel die Kreatur, die er zuvor genährt hatte, von hinten über ihn her. Laszlo schüttelte sie ab und tötete sie rasch. Sie war zwar durch den Trunk etwas gestärkt worden, dennoch blieb sie ein erbärmlicher Feind. Er fuhr erneut herum, doch Isaak war verschwunden. Er konnte nur noch seine Stimme vernehmen. Während die Wände seiner Zellen sich öffneten. „Diese sind aus deinem Blut erschaffen. Aus deinem ach so kostbaren Blut, Valerius!“ Plötzlich stürmten sie heraus. Bloodsucker, stark und dem Blutrausch verfallen. Laszlo kämpfte, schoss, trat, tötete, doch die Kreaturen wurden immer mehr. Ein Blick zu den Gittern, er musste fliehen. Er schoss auf das blutgetränkte Erdreich in dem die Gitterstäbe verankert waren. Die großkalibrigen Kugeln lockerten den Stein auf. Dann sprang er gegen das Gitter und die Eisenstäbe gaben nach.
Laszlo rannt durch die Gänge, die Bloodsucker dicht hinter ihm. Er wollte nicht einfach nur entkommen. Er würde diese geistlosen Kreaturen nach oben führen. Im besten Fall würden sie ein Massaker unter den ahnungslosen Jünglingen der Garres anrichten. Ein angemessenes Dankeschön für den „freundlichen“ Empfang. Er erreichte den Ausgang aus den Katakomben und betrat die Eingangshalle des Hauses. Die Kreaturen folgten ihm nicht, obwohl sie ihm dicht auf den Fersen waren. Er hatte seine Waffen bereits weggesteckt und manche neugierigen Vampire drehten sich zu ihm um, ließen ihn aber unbehelligt. Etwas enttäuscht, dass sein Geschenk keinen Abnehmer fand, wandte sich Laszlo zum Gehen. An der Türe wurde er von einem großen Vampir mit langen Haaren aufgehalten. Er trug eine Maske wie seine Nichte. Es war Virgil Garres.
Ruben saß in der versteckten Kammer direkt hinter dem Raum, in dem Kendra ihren Gast erwartete, als er es spürte. Nur wenige Vampire reagierten so sensibel auf Blutmagie, Ruben war einer von ihnen. Etwas ging in den Katakomben vor sich. Es wurden immer Rituale durchgeführt, aber normalerweise nicht so nah an der Oberfläche. Seine Hände schwitzten und sein Blut schwang im Gleichklang mit den Mächten, die soeben freigesetzt wurden. Er musste dem nachgehen, auch wenn Kendras Wünsche andere waren. Zögerlich entschied, er nach unten zu gehen.
„Die Herrin erwartet euch bereits.“ Virgil deutete Laszlo eine Richtung, er schien nicht zulassen zu wollen, dass Laszlo das Haus unverrichteter Dinge wieder verließ. Erst jetzt bemerkte er die Wunde an Laszlos Schulter. „Was ist das?“ Laszlo war zu stolz, um sich großartig zu beschweren. Lieber tat er so, als hätte er nichts anderes erwartet. Es war wichtig, den Garres nicht glauben zu lassen, sie hätten ihn eingeschüchtert, auch wenn sie es, um ehrlich zu bleiben, durchaus geschafft hatten. „Nur ein Zeichen der Gastfreundschaft des Hauses Garres, nehme ich an.“
Virgil war sichtlich verblüfft. Es war offensichtlich, dass hier oben scheinbar niemand eine Ahnung hatte, was unter ihren Füßen geschehen war. Garres schien seinen Kult nicht mehr unter Kontrolle zu haben und Laszlo entschied sich, noch ein wenig zu bleiben. Die Sache versprach interessant zu werden. Er wandte sich gehässig grinsend um und marschierte in die Richtung, die Virgil ihm gezeigt hatte, um sich nun doch mit Kendra zu treffen. Er konnte direkt spüren, wie der kalte, mörderische Blick Virgils an dem Eingang der Katakomben festhing.
Das Wasser war kühl und prickelte auf der Haut. Laszlo tauchte noch einmal unter, stieg wieder aus dem Wasser empor und schüttelte das Nass aus den blonden Haaren. Die Kaverne war nur von wenigen Fackeln beleuchtet. Die Wände waren voller uralter Fresken. Die Höhlen unter der Weißenburg waren viel älter als die Festung selbst. Das Wasser stieg in dem Höhlensystem nach oben und hatte einst den Burgbrunnen gespeist. Den Brunnen gab es nun nicht mehr. Dies war ein geheimer Ort, der selbst den meisten Mitgliedern des Hauses Valerius unbekannt war. Ein Ort der Ruhe. Der Lärm dieser neuen, lauten Welt war ausgesperrt und es wirkte friedlich.
Laszlo brauchte Zeit um nachzudenken. Er war nur knapp dem Tod entronnen und ein neuer, alter Feind hat sich das erste Mal gezeigt. Ottokar von Corvinus war alt, vielleicht sogar älter als das Haus Valerius. Er war ein rachsüchtiger und mächtiger Feind.
Laszlo erreichte die kleine Insel und stieg nackt aus dem Wasser. Ein Handtuch lag nicht weit entfernt. Während er sich abtrocknete, bewunderte er die Pflanzen und Blumen welche Piotre hier unten angesetzt hatte. Ein kleiner unterirdischer Garten und ein Pavillon, der um eine steinerne Sitzbank herum gebaut worden war. Marcus war immer auf diesem Stein gesessen, wenn er nach hier unten geflohen war, um sich ein paar Stunden der Ruhe zu gönnen. Piotre hatte allen Anschein nach einen grünen Daumen. Oder eine Art Tick. Ein Garten und ein ritterlicher Pavillon für den ersten Todesritter des Hauses Valerius. Laszlo war bisher noch nie in diesem Ding gewesen. Bisher war er nur am Ufer gesessen und hatte auf das schwarze Wasser gestarrt.
Dieses Mal war er neugierig und betrat den Pavillon das erste Mal. Schnell entdeckte er eine kleine Truhe, die unter die steinerne Bank geschoben war. Laszlo öffnete die Truhe und fand die persönlichen Dinge des Piotre Valerius. Haarlocken, Medaillen, persönliche Briefe. Allesamt Zeugnisse aus einer Zeit, in der es noch etwas wert gewesen war, ein Ritter zu sein. Ein Buch mit ledernen Einband erregte seine Aufmerksamkeit.
Laszlo setzte sich auf den Stein und nahm es zur Hand. Dies waren die persönlichen Aufzeichnungen seiner Vorgänger. Notizen des großen Marcus Valerius. Persönliche Dinge, die niemals für die Geschichtsbücher vorgesehen waren. Gierig verschlang Laszlo die auf Pergament gebannten Gedanken des legendären Marcus und das Bild dieser Welt wurde für den jetzigen Herrn des Hauses um einiges klarer. Interessant waren vor allem Marcus‘ letzte Notizen. Das falsche Spiel, das er mit Sophia gespielt hatte, seine Jagd nach der Unsterblichen, seine Ziele, die weit über das hinausgingen, was rechtens war. Eine Geschichte des Größenwahns, die letztlich im Tod des Marcus Valerius mündete.
Laszlo schluckte schwer, als er des Wahnsinns gewahr wurde, der seinen großen Vorgänger befallen hatte. War es immer so? War Wahnsinn die logische Konsequenz der Macht und letztendlich der Auslöser für Selbstzerstörung und Tod? Laszlo blätterte weiter zu den Notizen, die Piotre selbst angefügt hatte. Sein Erschaffer schien sich bemüßigt gefühlt zu haben, dieses persönliche Werk weiter zu führen. Laszlo staunte nicht schlecht, als er las, wie betroffen und traurig dieser, doch sehr menschliche Piotre Valerius, über den Konflikt mit seinem Bruder Emilio war. Es war dieser Bruderkrieg, der ihn zermürbte. Er hätte Emilios Rat und Beistand gebraucht, um dieses Haus so führen zu können, dass es nichts von seiner einstigen Größe verlieren würde. Allein war er zu schwach und Piotre wusste das. Bis zu seinem Ende hielt er seinen Bruder in Ehren.
Was hoffte Piotre in Madrid zu finden? Die Heilige schien nur auf gesegnetem Boden unschlagbar zu sein und Laszlos Vater hatte gewiss einen Plan. Hoffte er durch die Vernichtung der Heiligen den nötigen Respekt zu erringen? Eine Tat zu vollbringen, die ihn ebenso zur Legende machen würde, wie Marcus Valerius, der den Mephisto erschlagen hatte. Oder suchte er den glorreichen Tod, der ihn von seinen Pflichten entbinden und das Haus in Hände legen würde, die den drohenden Fall vielleicht aufhalten konnten? Hände, die zu tun vermochten, wozu er sich stets außer Stande gesehen hatte?
Wahrscheinlich war es eine Kombination aus beiden. Ein letzter Versuch, die Unsicherheit zu überwinden und auf die eine oder andere Weise als Sieger hervorzugehen. Piotres Meinung über Laszlo war also doch nicht so schlecht wie angenommen, denn Piotre wusste sehr wohl, wer im Falle seines Scheiterns das Heft in die Hand nehmen würde und hatte seinen Frieden damit gemacht.
Zu Lebzeiten war es sein Stolz, der ihn daran hinderte, sich Hilfe bei seinen Kindern zu holen, wo doch sein geliebter Bruder hätte da sein sollen, um ihm beizustehen. Stolz, Macht und Wahnsinn waren also die Dinge, die die großen Herren des Hauses Valerius zu Fall gebracht hatten. Diese Seiten enthielten nicht nur Geheimnisse und Gedanken, sie enthielten auch eine Lektion für denjenigen, der zwischen den Zeilen lesen konnte. Laszlo verstand diese Lektionen sehr gut.
"Schickt die Wölfe..."
Tatjana brachte ihm eine Nachricht des Blackmaw rudels. Es war Bitte, ein gefallen um den die schwarzen Wolfe baten. Valerius sollte Mircella Loire ermorden, damit Blackmaw das Loire Rudel übernehmen könne. Ein mehr als plumper Versuch das Haus Valerius für ihre Ziele einzuspannen. Laszlo hatte Amanda, oder Blackwiddow, wirklich mehr klasse zugetraut. Er entschied dieses Angebot zu ihrem Vorteil auszunutzen. Die Antwort war einfach und doppelbödig. Man würde darüber nachdenken und in Betracht ziehen, jedoch bitte das Haus Valerius zuvor noch um einen kleinen Gefallen. Die Wölfe sollte ausschwärmen und herausfinden wo sich Ottokar von Corvinus versteckt hielt. Wölfe waren gut darin Dinge zu finden. Einerseits war es an der Zeit langsam in die Offensive überzugehen, und wenn es nur dazu diente Ottokar selbst zu seinem nächsten Schritt zu drängen. Andererseits würde es Blackmaw ausreichend beschäftigen, vor allem wenn sich der alte Corvinus seiner Verfolger gewahr wurde. Eine Mircella Loire tötete man nicht leichtfertig und eine Übernahme des Loire Rudels würde Blackmaws Macht und Einfluss auf ein bedenkliches Maß anheben. Laszlo würde sich die schwarzen Wölfe warm halten und abwarten wie nützlich sie tatsächlich waren.
"Si vis pacem, para bellum."
Er nahm Tatjana mit sich in die Ewige Stadt. Die Kirche und das Haus Valerius verband ein altes Band und Laszlo war sicher, dass es noch jemanden geben musste, der sich dessen erinnern konnte. Jean Luise Taurant war der letzte hochrangige Inquisitor, der noch übrig war. Er hatte sich scheinbar arrangiert und bekleidete nun das fragwürdige Amt des Präsidenten des päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog. Er stand unter ständiger Überwachung. Ein gewisser Schuhmann, Metatron der Kinder der Offenbarung, wich niemals von seiner Seite. Es war nicht leicht, ihn und seine Bluthunde wegzulocken, damit Laszlo ein ungestörtes Gespräch mit Taurant führen konnte. Tatjana und ihre Todeshändler inszenierten ein Ablenkungsmanöver und der Plan ging auf.
Taurant schien ein vernünftiger Mann zu sein. Gemeinsam wurde klar, dass Varella fallen musste. Nicht getötet, sondern denunziert. Varella hatte mittlerweile so großen Einfluss, dass ein simpler Mord ihn zu einem Märtyrer machen würde. Doch es sollte schwer sein den Ruf eines Mannes zu vernichten, der ein derart untadeliges Leben führte wie Varella. Da gab es nur die Morde und Anschläge, die der inoffizielle Kopf der Kinder der Offenbarung angeordnet haben musste, aber es sollte schwierig werden, ihm etwas nachzuweisen. Taurant gab Laszlo einen Tipp. Der persönliche Bote Varellas würde morgen Abend nach Madrid reisen. Was Laszlo mit dieser Information anfangen würde, überließ Taurant gänzlich dem Ersten der Todeshändler.
Claudio Frondetti, der persönliche Kämmerer seiner Exzellenz, Kardinal Varella, betrat, begleitet von Spezialisten der Schweizer Garde, den Flughafen in Rom. Die Todeshändler wurden ihrem Ruf gerecht. Einem nach dem anderen schalteten sie die Gardisten aus. Nur die tödliche Präzision und die vollendete Heimlichkeit, mit der dies geschehen war, würde letzten Endes auf das Werk der Todeshändler des Hauses Valerius hindeuten. Am Ende stand Frondetti alleine vor seinem Gate, umringt von Laszlo und seiner Tochter. Die beiden geleiteten Frondetti zu einem anderen Flug, er würde auf dem Weg nach Madrid einen kleinen Umweg machen. Frondetti war taubstumm und loyal. Einen tauben und stummen Diener zu halten sagte viel über Varella aus. Er schien argwöhnisch und altmodisch zu sein. Der Kämmerer gab sich Laszlo gegenüber abweisend und arrogant. Laszlo jedoch war geduldig. Jeder Vampir war einst ein Mensch gewesen. Die Geschichte wie Laszlo zu einem Vampir wurde, brachte den Mann ins Grübeln. Laszlo war damals Teil des Taktikstabes des Polnischen Königs Johann III. Sobieski. Er war es, der den Angriff gegen die Türken vor Wien geplant hatte und Piotre Valerius ritt gemeinsam mit den Polen den entscheidenden Angriff gegen die Ungläubigen unter dem Banner der Kreuzes. Laszlos unverhohlene Drohung, er würde Frondetti zu einem Vampir machen, um ihm eine andere Perspektive zu zeigen, reichte, um den Kämmerer dazu zu bringen zu kooperieren. Frondetti öffnete den Aktenkoffer und offenbarte die Akten, welche er nach Madrid bringen sollte. Varella suchte offenbar einen weiteren Unsterblichen, um seine lebende Heilige auf ihn zu hetzen. Laszlo ließ nicht locker. Er erwähnte den Mord an Schwarzenberg und, mehr aus einer Intuition heraus, den Anschlag auf Simon Magnus. Er bekam kein Widerwort und eine wilde Theorie lag plötzlich vor Laszlo ausgebreitet. Was, wenn der Attentäter, sein Name war Steininger, nicht für die Freunde der Menschheit, sondern für Varella gearbeitet hatte? Was, wenn er einen Beweis für eine Verbindung zwischen Varella und Steininger finden konnte?
Frondetti wurde mit seinen Unterlagen nach Madrid geschickt und würde von nun an ein Verbündeter sein.
Laszlo glaubte, auf der richtigen Spur zu sein. Es gab noch etwas Anderes zu untersuchen. Der Anschlag der Kinder der Offenbarung auf die Begräbnisfeier von Angelo Solano. Sowohl Schwarzenberg als auch Varella waren damals anwesend. Kenneth Irons hat dabei eine seiner Frauen verloren, Rebecca McAdams. Noch jemand war damals anwesend und konnte vielleicht etwas wissen. Jemand, der seitdem dem Konzil fern geblieben war. Sein Name war Emilio von Eden.
Zukunft in Vergangenem
Eine Passage in dem Buch, welches Laszlo gefunden hatte, behandelte die Verbannung des Blutkultes aus den Häusern. Das Edikt, welches Marcus verfasst hatte, bildete den Grundstein für die tiefgreifende Fehde zwischen Valerius und Garres. Doch zu seiner Überraschung gab es damals einen Pakt zwischen Willas und Marcus. Worum es in diesem Pakt ging, schien Marcus nicht einmal in dieses Buch schreiben zu wollen, doch es gab einen Zeugen. Mortimer Smythe.
Bevor Laszlo nach Weißenburg zurückkehrte, beschloss er Mortimer einen Besuch abzustatten. Zu wissen, worum es bei diesem Pakt ging, würde ein großer Vorteil sein, wenn er in Bälde sein Versprechen einlösen und Kendra Garres gegenüber treten würde. Das Anwesen der Smythes lag in Kenia und der Reichtum, der von dem dekadenten, völlig überzogenem Bau ausging, schien keine Grenzen zu kennen. Laszlo und seine Tochter wurden freundlich empfangen und durch das Anwesen geleitet. Die Hallen, Salons und Gärten quollen über mit der Zurschaustellung von Geld und Wohlstand. Eine alte Marotte aus der Kolonialzeit, in der der Clan der Smythes zu so großem Reichtum gelangt war. Reichtum und Macht allein konnte aber auch Mortimer Smythe nicht schützen.
Seine Frau Shana empfing den Herrn der Valerius an der Stelle ihres Mannes. Nach langem Zögern ließ sie Laszlo dann doch zu ihrem Gatten vor. Valerius und Smythe verband ein altes Band der Freundschaft. Auf dem Weg zu den Gemächern wurde es selbst Laszlo unheimlich. Einrichtungsgegenstände schwebten herum, das Licht flackerte, kleine bunte Steine wurden wie von Geisterhand aus den Wandmosaiken gelöst und flogen wie schillernde Fischschwärme durch den Raum. Mortimer selbst war nur noch ein Schatten seiner Selbst. Das Bett, auf dem er ruhte, war mit Ketten am Boden befestigt. Seine Haut schien steif und rissig wie Papier zu sein. Seine Augen waren tief in ihre Höhlen versunken. Er war katatonisch und konnte weder etwas sagen noch registrierte er die Anwesenheit Laszlos. True Blood war dafür verantwortlich und Mortimer Smythe war nur aus bloßer Sturheit noch nicht gestorben. Laszlo schwor, nicht ganz uneigennützig, nach einem Weg zu suchen, ihn wieder gesund zu machen. Nur auf diese Weise konnte er hinter das Geheimnis gelangen, das Marcus Valerius und Willas Garres miteinander verband.
Shana dankte ihm und bot an, ihm die Zukunft vorher zu sagen. Laszlo wusste, dass die Ehefrau Mortimers eine Seherin war und die Erfolge, die der Clan der Smythes aufgrund ihrer Begabung errungen hatte, ließen keinen Zweifel an der Wahrhaftigkeit ihrer Kräfte. Doch Laszlo glaubte nicht an vorherbestimmtes Schicksal, nur an das, was man sich selbst erarbeitet hatte. Shana forderte ihn auf, eine Karte aus ihrem Tarot zu ziehen. Sie erzählte ihm, wie Marcus hier war und gezogen hatte. Ja, selbst Piotre besuchte sie einmal und wählte eine Karte. Laszlo entschied sich, nicht zu entscheiden. Shanas Karten blieben unberührt. Doch sie spürte, welche der Karten nach dem neuen Herrn der Valerius gierte. Als Laszlo sich freundlich, aber bestimmt verabschiedet hatte, nahm Shana diese Karte zu Hand. Sie zitterte, als sie die Karte betrachtete und wieder in den Stapel zurück steckte. „Du hast gut daran getan, nicht zu wählen, junger Valerius“, murmelte sie und blickte Laszlo hinterher.
Zurück in Weißenburg kam Sienna zu ihrem geliebten Bruder. Sie hatte derweil alles für das große Treffen vorbereitet. Alle großen Vampirhäuser waren geladen, um sich zu beratschlagen, wie denn nun gegen den neu erstarkten Ottokar von Corvinus vorzugehen sei. Vier Einladungen wurden versendet, doch nur drei sagten dem Treffen zu. Die Salvatore-Zwillinge, Emilio von Eden und Kendra Garres. Seraphima Lada gab an, nicht interessiert zu sein. Das war bedauernswert, kam aber nicht überraschend. Das Haus Lada hatte sich schon immer aus den Angelegenheiten Europas herausgehalten. Bevor das Treffen jedoch stattfinden konnte, musste Laszlo noch eine Schuld begleichen. Für seine Rettung vor dem Gift, mit dem Ottokar ihn beinahe umgebracht hatte, musste er schwören, Kendra Garres zu treffen. Allein. Laszlo hatte nicht vor, wortbrüchig zu werden. Sienna hatte bedenken. Sie traute dem alten Feind Garres nicht über den Weg und machte sich Sorgen um ihren Geliebten. Sollte es sich tatsächlich um eine Falle handeln, wäre sie sehr einfallslos und ungeschickt eingefädelt. Man konnte den Garres eine Menge vorwerfen, doch diese beiden Eigenschaften passten nicht zu ihrem Stil. Allerdings war Willas tot, und im Haus Garres konnte sich eine Menge geändert haben. Laszlo gab Sienna das Buch, das er in dem Pavillon gefunden hatte. Sollte ihm etwas zustoßen, sollte Sienna es an Tatjana weitergeben und dieser helfen, das Haus in seinem Sinne weiter zu führen. Sienna versprach ihm, dafür zu sorgen, dass dieses Buch in die richtigen Hände gelangte, auch wenn die Vorstellung, Laszlo an Garres zu verlieren ihr großen Kummer bereitete.
Tatjana begleitete ihn in dem Privatjet und Laszlo bereitete seine Tochter darauf vor, seine Stellung einzunehmen, sollte es sich tatsächlich um eine Falle handeln. Sie vertraute ihm so sehr, dass sie ihm sogar ihr größtes Geheimnis offenbarte. Sie trug schon eine Zeitlang einen Anhänger um den Hals und natürlich war ihm das aufgefallen und obwohl er sie danach gefragt hatte, hatte sie es ihm niemals erzählt. In der Angst, ihren Vater nun zu verlieren, gestand sie ihm ihr Geheimnis. Tatjana hatte ein romantisches Verhältnis zu einem Sterblichen und fürchtete seine Reaktion deswegen. Laszlo würde lügen, wenn er angab, damit keinerlei Problem zu haben. Man spielte nicht mit dem Essen, weil es passieren konnte, dass man dabei den Appetit verlor. Aber er würde nicht denselben Fehler begehen, wie Marcus ihn bei Emilio und Sophia begangen hatte und er war froh, dass ihm seine geliebte Tochter so sehr vertraute. Er würde ihr Vertrauen nicht enttäuschen. Sollte sie die begrenzte Zeit mit ihrem Menschen genießen. Laszlo beschloss sich erst wieder mit der Angelegenheit zu befassen, sollte sie sich entschließen, ihre Liebschaft zu einem Valerius zu machen. Tatjana schien überglücklich mit seiner Entscheidung.
Ruben
Ruben schlenderte unentwegt durch den Raum und betrachtete die Uhrensammlung seines Erschaffers. Xander hatte ein Hobby gefunden, dass ihm scheinbar einen gewissen Ausgleich zu seiner anstrengenden diplomatischen Arbeit bot. Standuhren, manche über zwei Jahrhunderte alt, stapelten sich förmlich in Xanders Allerheiligstem und schlugen alle im selben Takt. "Die Uhren schlagen schneller, dieser Tage." pflegte er dan immer anzumerken.
Obwohl Xander Garres sein Erschaffer war, pflegten die beiden stets ein eher brüderliches Verhältnis. Die romantische Beziehung zwischen den beiden hatte längst seinen Reiz verloren und der Grund, warum Xander ihn zu sich bestellt hatte, war, wie schon seit Jahrhunderten, rein geschäftlicher Natur. Laszlo Valerius hatte, zur allgemeinen Überraschung, sein Kommen angekündigt. Bedingungslos schien der neue Herr der Valerius Wort zu halten. Xander bat seinen Abkömmling, dessen guten Draht zu Kendra zu nutzen, um sie gebührlich auf das Treffen vorzubereiten.
Olivia schien nun wieder das Ruder der Politik an sich zu reißen und fand trotz allem bei Kendra immer noch Gehör. Ruben hatte sich nichts vorzuwerfen. Es war seine Pflicht als Mitglied des Hauses Garres, Olivia aus den Fängen der Freunde der Menschheit zu entreißen. Ob er sie nun ausstehen konnte oder nicht, spielte dabei keine Rolle. Sie war eine Garres und er war es auch. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Ruben sagte zu, gleichwohl er es hasste Kendra, in irgendeiner Form zurecht zu biegen. Sie war seine Herrscherin und seine Blutkönigin. Ihr Wille war Gesetz und er sah es vielmehr als seine Aufgabe an, in ihr diesen Willen zu formen. Scheinbar war das geplante Bündnis ein allgemeines Anliegen und sowohl Olivia wie auch Xander fürchteten ihre unberechenbare Kendra konnte alles wieder kaputt machen.
Ruben traf seine Geliebte wie immer in der Bibliothek des Blutkultes an. Sie hatte die alten Schriften förmlich verschlungen und in dem letzten Jahr mehr gelernt, als Ruben in seinen 200 Jahren, die er im Blutkult verbracht hatte. Immer wieder erinnerte Ruben sie an die Worte die von den blutdurchtränkten Wänden wiederhallten, als er Kendra das erste Mal durch die Katakomben geführt hatte. Worte die ihn seitdem nicht mehr los ließen. Arash cu´r tal Tagar, das Blut braucht seine Königin. Weder er, noch Kendra wussten mit Sicherheit was das zu bedeuten hatte, doch Ruben war überzeugt, dass der Tag immer näher rückte an dem Kendra sich als die Königin des Blutes offenbarte.
Doch der Grund seines Besuchs war diesmal ein Anderer. Kendra war sich des Bündnisses noch unschlüssig und genervt, dass ständig jemand zu ihr kam, um ihr zu sagen, was sie zu tun hatte. Ruben versicherte ihr, dass er der letzte war, der ihr gute Ratschläge geben wollte, nur wenn sie seine Meinung zu dem Thema hören wolle, würde er sie ihr sagen. Sie wollte. Ruben war von vornherein der Meinung, dass Arschkriechen der falsche Weg sei, wie mit dem geschwächten Haus Valerius umzugehen war. Sie sollte Laszlo ruhig spüren lassen, wer nun das mächtigste Haus war und diese Vormachtstellung beanspruchte.
Ruben hatte Laszlo getroffen, als er Isaak nach Weißenburg begleitet hatte. Dieser Laszlo war klug, berechnend und spielte den Umgänglichen, aber er war immer noch ein Valerius, stur und stolz. Es schien, als hätten ihre alten Feinde einen gefährlichen Mann an die Spitze gehievt. Doch eine Kendra Garres vermochte zu überraschen und war für Außenstehende nur schwer einzuschätzen.
Rubens Ratschlag war, sie sollte einfach sie selbst sein. Aber sie sollte im Hinterkopf behalten, dass mit Ottokar von Corvinus ein Feind auf der Bildfläche aufgetaucht war, der auch eine ernste Bedrohung für Garres darstellte. Die Garres hatten ihren Lehnsherrn ebenso betrogen wie Valerius und angesichts eines solchen Feindes würde man sich gegenseitig brauchen. Ruben konnte sich erinnern, einmal ein Buch gelesen zu haben, welches Ottokar selbst verfasst hatte. Er war einst ein Meister der Blutmagie gewesen und mit dem Alter nahm die Macht eines Vampirs nur selten ab, vielmehr das Gegenteil war der Fall. Ruben versprach in ihrer Nähe zu bleiben, wenn das Treffen vonstatten, ging um ihr das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein.
von Feinden umringt
Laszlo erreichte das alte Haus in Pennsylvania am frühen Abend. Wie erwartet machte das Haus von außen nicht viel her. Sie ließen ihn klopfen. Laszlo hatte mit solch plumpen Beleidigungen gerechnet und ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. Er genoss das Gewicht seiner beiden Revolver in den Halftern, während er wartete. Zumindest stand er nicht völlig nackt vor der Tür seiner einstigen Feinde.
Ihm wurde aufgemacht und er trat ein. Von innen präsentierte sich Garres in einem völlig anderen Licht, als er das erwartet hatte. Modern, straff, die Augen in die Zukunft gewandt. Laszlo war überrascht. Abgesehen vom Blutkult war das Haus Garres nie allzu traditionell, aber das hier war etwas völlig Neues. Eine erstaunlich hohe Anzahl junger Vampire tummelten sich im Inneren des Hauses. Garres hatte anscheinend angefangen, zu rekrutieren und ihre Zahl zu erhöhen. Die meisten dürften nicht später als vor einem Jahr verwandelt worden sein. Viele der Jünglinge trugen kunstvolle Halbmasken vor dem Gesicht, um, wie es schien, ihre Loyalität zu ihrer Herrin zu demonstrieren. Ihre Kleider erinnerten mehr an eine Uniform als an die Mode, welche für die Aristokratie der Nacht üblich war. Das war eine neue Generation an Vampiren, jung, diszipliniert und mit der heutigen Zeit vertraut. Laszlo fing an, neidisch zu werden. Xander Garres empfing ihn überaus freundlich. Er war ein schmieriger kleiner Speichellecker, aber Laszlo machte nicht den Fehler, ihn zu unterschätzen. Dieser Mann konnte verschlagen und gemein sein wie eine Giftspinne.
Er geleitete Laszlo nach unten. Das Treffen sollte in den Katakomben des Blutkults stattfinden. Man wollte ihn verunsichern, ihn in ungewohntes Terrain bringen. Laszlo hatte alles gelesen, was es im Haus Valerius noch über den Blutkult zu lesen gab. Es würde ihnen nicht gelingen, ihn mit müdem Hokuspokus einzuschüchtern. Ihm wurde erneut bedeutet zu warten. Laszlo war es langsam Leid, in Vorräumen und Gängen auf Audienzen zu warten, doch er ertrug es, auch wenn er sich langsam wie ein Hausierer vorkam. Xander verschwand in den Gängen und Laszlo war allein.
Plötzlich fielen Gitter, vor und hinter ihm von den Wänden und sperrten ihn ein. Laszlo protestierte, doch niemand antwortete auf seine Rufe. Plötzlich öffnete sich eine Klappe im Boden. Ein Vampir kroch heraus, ausgemergelt, schwach, erbärmlich. Diese Kreatur war nicht im Geringsten eine Gefahr für ihn. Wollte man ihn verhöhnen oder war es ein Test? Laszlo entschied sich für Zweiteres. Die Kreatur war immerhin ein Vampir, und er war offensichtlich schwer misshandelt worden. Er hätte sie mit Leichtigkeit von seinem Elend erlösen können, was vermutlich sogar gnädig gewesen wäre, doch er war hier gefangen und die Kreatur könnte ein potenzieller Verbündeter sein. Sein Blick fiel auf das Glas Blut, das er als „Willkommenstrunk“ erhalten hatte. Es war noch so gut wie voll. Laszlo beugte sich hinab zu der elenden Kreatur und flößte ihr den roten Saft ein. In diesem Moment vernahm er eine Stimme hinter sich.
Es war Isaak, der Priester, der ihn in Weißenburg kuriert hatte. Der Hohn in seiner Stimme war unverkennbar. Dieser Mann hasste ihn. Er hasste ihn allein dafür, wer er war. Er hatte ihm diese Falle gestellt. Die Kreatur war ein Mitglied des Hauses Valerius gewesen. Das war das Schicksal, das jene ereilte, die das Pech hatten, lebendig in die Fänge der Garres zu geraten. Laszlo zog seinen Revolver und zielte auf den hämischen Priester, noch bevor er den Schuss anbringen konnte, fiel die Kreatur, die er zuvor genährt hatte, von hinten über ihn her. Laszlo schüttelte sie ab und tötete sie rasch. Sie war zwar durch den Trunk etwas gestärkt worden, dennoch blieb sie ein erbärmlicher Feind. Er fuhr erneut herum, doch Isaak war verschwunden. Er konnte nur noch seine Stimme vernehmen. Während die Wände seiner Zellen sich öffneten. „Diese sind aus deinem Blut erschaffen. Aus deinem ach so kostbaren Blut, Valerius!“ Plötzlich stürmten sie heraus. Bloodsucker, stark und dem Blutrausch verfallen. Laszlo kämpfte, schoss, trat, tötete, doch die Kreaturen wurden immer mehr. Ein Blick zu den Gittern, er musste fliehen. Er schoss auf das blutgetränkte Erdreich in dem die Gitterstäbe verankert waren. Die großkalibrigen Kugeln lockerten den Stein auf. Dann sprang er gegen das Gitter und die Eisenstäbe gaben nach.
Laszlo rannt durch die Gänge, die Bloodsucker dicht hinter ihm. Er wollte nicht einfach nur entkommen. Er würde diese geistlosen Kreaturen nach oben führen. Im besten Fall würden sie ein Massaker unter den ahnungslosen Jünglingen der Garres anrichten. Ein angemessenes Dankeschön für den „freundlichen“ Empfang. Er erreichte den Ausgang aus den Katakomben und betrat die Eingangshalle des Hauses. Die Kreaturen folgten ihm nicht, obwohl sie ihm dicht auf den Fersen waren. Er hatte seine Waffen bereits weggesteckt und manche neugierigen Vampire drehten sich zu ihm um, ließen ihn aber unbehelligt. Etwas enttäuscht, dass sein Geschenk keinen Abnehmer fand, wandte sich Laszlo zum Gehen. An der Türe wurde er von einem großen Vampir mit langen Haaren aufgehalten. Er trug eine Maske wie seine Nichte. Es war Virgil Garres.
Ruben saß in der versteckten Kammer direkt hinter dem Raum, in dem Kendra ihren Gast erwartete, als er es spürte. Nur wenige Vampire reagierten so sensibel auf Blutmagie, Ruben war einer von ihnen. Etwas ging in den Katakomben vor sich. Es wurden immer Rituale durchgeführt, aber normalerweise nicht so nah an der Oberfläche. Seine Hände schwitzten und sein Blut schwang im Gleichklang mit den Mächten, die soeben freigesetzt wurden. Er musste dem nachgehen, auch wenn Kendras Wünsche andere waren. Zögerlich entschied, er nach unten zu gehen.
„Die Herrin erwartet euch bereits.“ Virgil deutete Laszlo eine Richtung, er schien nicht zulassen zu wollen, dass Laszlo das Haus unverrichteter Dinge wieder verließ. Erst jetzt bemerkte er die Wunde an Laszlos Schulter. „Was ist das?“ Laszlo war zu stolz, um sich großartig zu beschweren. Lieber tat er so, als hätte er nichts anderes erwartet. Es war wichtig, den Garres nicht glauben zu lassen, sie hätten ihn eingeschüchtert, auch wenn sie es, um ehrlich zu bleiben, durchaus geschafft hatten. „Nur ein Zeichen der Gastfreundschaft des Hauses Garres, nehme ich an.“
Virgil war sichtlich verblüfft. Es war offensichtlich, dass hier oben scheinbar niemand eine Ahnung hatte, was unter ihren Füßen geschehen war. Garres schien seinen Kult nicht mehr unter Kontrolle zu haben und Laszlo entschied sich, noch ein wenig zu bleiben. Die Sache versprach interessant zu werden. Er wandte sich gehässig grinsend um und marschierte in die Richtung, die Virgil ihm gezeigt hatte, um sich nun doch mit Kendra zu treffen. Er konnte direkt spüren, wie der kalte, mörderische Blick Virgils an dem Eingang der Katakomben festhing.
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Re: Immortal - Invictus
"De profundis clamavi ad te Domini"
Ruben erreichte die Katakomben des Blutkults. Das Blut in seinen Adern pulsierte im Rhythmus der Kräfte, die sich rund um ihn sammelten. Er entdeckte Bloodsucker, die alleine durch die Gänge streiften. Es war verboten, Bloodsucker in den obersten Ebenen der Katakomben frei herumstreifen zu lassen, aber die Kreaturen schienen keine Notiz von ihm zu nehmen. Wie Motten, die auf das Licht zuhielten, schlurften sie auf die große Kammer zu. Ruben folgte ihnen. Es war heiß, schwül und feucht. Das Blut bildete ein Miasma aus rötlichem Dampf, der in Haut und Kleidung kroch. Ruben schritt hindurch und ein feiner Film aus Blut bedeckte ihn fast vollständig, als er die große Kammer betrat. An den Wänden waren Vampire aufgehängt und bluteten langsam aus. Gefangene, manche von ihnen waren schon seit Jahrhunderten Geiseln der Garres. Fast der gesamte Kult hatte sich versammelt und das Ritual war bereits in vollem Gange. Eine Säule aus Blut erhob sich inmitten der skandierenden Priester, floss nach oben und drückte gegen die Decke. Ruben wusste, was sich oberhalb der großen Kammer befand. Der Sicherheitsraum, in dem Kendra gerade Laszlo Valerius empfing.
Laszlo grinste zufrieden, als Kendra Garres über das Konzil vom Leder zog. Sie war sich sehr wohl bewusst, dass Irons sie und ihr Haus zu einer seiner Marionetten gemacht hatte. Gerade als es um Details der Zusammenarbeit ihrer beiden Häuser ging, begann die Atmosphäre in dem Raum zu kippen. Zuerst ganz subtil. Kendra zögerte, zitterte, begann zu schwitzen. Laszlo leckte sich über die Lippen, als Kendras Haut schweißfeucht wurde. Ihre bebenden Brüste schienen sich noch stärker von ihre klammen Kleidung abzuheben, ihr flacher Bauch, ihre Hüften schienen in freudiger Erwartung seiner Berührung zu vibrieren. Ihre Augen flüsterten seinen Namen, flehten ihn an, er möge sie dazu bringen, ihn zu stöhnen und laut auszurufen. Trotz ihrer Maske war sie eine anziehende Frau, ein Versprechen der Lust, die Erfüllung aller fleischlichen Begierden. Laszlo kämpfte ihn mit purer Willenskraft nieder, den Drang, sich auf sie zu stürzen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen und ihr die Kraft eines Valerius zu zeigen. Er war nicht deswegen hergekommen und so sehr sein Verlangen in ihm brannte, sagte ihm sein Verstand, dass es nicht natürlichen Ursprungs war. Kendra schien ihren eigenen Kampf auszufechten. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren und plötzlich sprang sie auf, ein Ruck durchfuhr sie und ihre Augen färbten sich blutrot. Unwillkürlich starrte sie Laszlo an und breitete die Arme aus. Ihre Anziehungskraft wurde plötzlich ganz anderer Natur. Laszlo musste sich an dem Tisch festhalten, um nicht von dem Sog erfasst zu werden. Er spürte sein Blut, wie es gegen seine Hülle drückte und sich langsam einen Weg durch die Poren seiner Haut bahnte.
Isaak bemerkte Ruben, der ungläubig am Rand der Kaverne stand und zu begreifen versuchte, was hier vor sich ging. Der Hohepriester hatte Ruben absichtlich draußen gehalten, fürchtete Rubens „Loyalität“ könnte alles zunichte machen. Er wusste schon seit Langem von Kendras Berufung, war es doch er, der Olivia damals auf das kleine Mädchen aufmerksam gemacht hatte. Das Kind eines Kardinals, heiliges Blut. Isaak erzählte ihm von alten Schriften, die er gelesen und danach verbrannt hatte. Der Kult war Olivias geheimer Verbündeter, hinter all dem steckte Isaak Garres, der Hohepriester des Blutkultes. Er würde heute eine Blutheilige erschaffen und dafür brauchte er das Blut dieses Valerius. Eine Heilige, einen Dämon, keine Königin. Isaaks Loyalität schien nicht mehr länger dem Haus Garres zu gehören. Der Kult sollte wieder auferstehen und Kendra würde sein willfähriges Werkzeug sein, um die Macht des Kultes zu mehren.
„Was willst du jetzt tun, Ruben?“, lachte Isaak, nachdem Ruben anmerkte, dass er das nicht zulassen würde. „Willst du mich jetzt töten?“
Ruben lächelte nur und schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde jetzt gehen…“
Ruben wandte sich um und stolzierte davon. „…Virgil wird dich töten!“
"Mane tace rixe, si vis exire catenam" - Bleib standhaft, schweige und kämpfe, wenn du der Kette entkommen willst
„Reiß dich zusammen! Du bist die Herrin des Hauses Garres! Du hast eine Verantwortung!“ Laszlos Worte zeigten Wirkung, Kendra schien wieder Kontrolle über sich selbst zu haben, und der Sog wurde schwächer. Doch kaum hatte die Herrin des Hauses Garres wieder Kontrolle über sich selbst, aktivierte sich die Sprenkleranlage im Besprechungszimmer. Blut spritzte heraus und tauchte den Raum in glänzendes Rot. Kendra stand zuckend inmitten des Regens und verlor neuerdings die Kontrolle. Das Blut sickerte immer mehr und mehr unter ihre Haut. Laszlo stand inmitten des Sprühregens und begriff. Wer auch immer hinter dieser Hexerei stand, Kendra war das Ziel und er nur das Opferlamm. Je mehr Blut sie ihr verabreichten, umso schwerer würde es werden, ihren Plan zu vereiteln, aber genau das würde Laszlo tun. Er brauchte Kendra genau so schwach und unsicher, wie sie jetzt gerade war. Ein Xander Garres oder wer auch immer scheinbar nach der Macht im Hause Garres griff, würde vielleicht schwerer zu manipulieren sein. Laszlo zog seine Revolver und zerschoss die Sprenkelanlage und der Regen endete. Kendra stand mit weit aufgerissenen roten Augen, japsend und manisch in der Mitte des Raumes. Laszlo verpasste ihr eine schallende Ohrfeige, die Kendra wieder zurück zu ihm brachte. Sie wollte sich gerade beschweren, als Laszlo einen Befehlston anschlug. „Wir müssen hier raus!“
Die Zeit für Höflichkeiten war vorüber. Er musste Kendra am Leben halten, sonst war alles umsonst. Kendra stürmte zu der schweren Panzertür. „…verschlossen…“, hauchte sie ungläubig.
Ruben eilte durch die Gänge und sehr schnell traf er auf Virgil Garres. Der Henker des Hauses war bereits von Laszlo alarmiert worden und war fest entschlossen, dem, was auch immer hier vorging, ein Ende zu setzen. Ruben entschloss sich, seine Äxte auf das Blut der Garres zu prägen. Das kostete zwar wertvolle Zeit, aber es würde dem Schlächter dabei helfen, die Verräter einer adäquaten Strafe zuzuführen. Ruben verabschiedete sich von Virgil und lief weiter nach oben. Er musste Xander finden und, was am Wichtigsten war, er musste Kendra finden. Gerade als er sich wunderte, dass Isaak ihn so leicht hatte entkommen lassen, spürte er, wie das Blut in seinen Adern zu kochen begann. Schmerzverzerrt stolperte er, fiel. Blut lief ihm aus der Nase, den Ohren und er weinte blutige Tränen, doch er war ebenfalls ein Mönch des Kults und mit einer Begabung gesegnet, die nur wenigen zuteil wurde. Er presste die alten Worte der Macht hervor, malte mit seinem Blut ein Zeichen auf seine Brust und sein Blut begann sich wieder zu beruhigen. Kraftlos erhob sich Ruben Garres wieder und mühte sich weiter.
Eine Gruppe Bloodsucker verstellte ihm den Weg. Er hatte keine Zeit, sich mit ihnen zu befassen. Ruben murmelte Kairatans Worte der Beherrschung und übernahm einen der Sucker, der sich sogleich auf seine Artgenossen stürzte. Ruben nutzte die Verwirrung, um hindurch zu schlüpfen und schaffte es am Ende aus den Katakomben nach oben. Die Jünglinge waren arglos, hatten nicht bemerkt, welche Gräuel sich unter ihren Füßen abspielten. Ruben schrie nach der Hauswache, während er sich zu Xanders Zimmer aufmachte. Xander hatte einen Gast. Eine Gestalt, in die Robe des Blutkultes gehüllt. Als Ruben das Uhrenzimmer betrat, bemerkte er, dass sich auch Xander kampfbereit machte. Die Gestalt wirbelte herum, hatte zwei Maschinenpistolen gezogen und eröffnete das Feuer auf die beiden. Ruben stürmte voraus, durch den Kugelhagel. Er benutzte seinen Gehstock als Pflock und pfählte den Attentäter mit tödlicher Präzision.
Ruben brachte seinen Erschaffer schnell auf den neuesten Stand. Isaak hatte Laszlo vergiftet, um ihn letzten Endes in das Haus Garres zu locken. Er brauchte ihn als Opferlamm für seinen wahnsinnigen Plan, Kendra in eine Blutheilige zu verwandeln. Xander eilte los, um die Hauswachen zu versammeln und in die Katakomben zu führen. Ruben eilte zu dem Besprechungsraum, in dem Kendra und Laszlo eingesperrt waren.
Kendras Schwert gab nach und verbog sich, als die Kraft zweier Vampire sich dagegenstemmte, um die Panzertür aufzuhebeln. Ihr eigenes Haus hatte sie verraten. Kendra wurde sich bewusst, dass sie die Kontrolle verloren hatte. In einem Moment war sie noch die gefürchtete und gefeierte neue Herrin der Garres, und plötzlich, wie aus dem Nichts, wurde sie die Zielscheibe des Verrats. Laszlo machte ihr das bewusst, aber trotz seiner berechtigten Vorwürfe ließ er niemals Zweifel daran, dass sie, Kendra Garres, die rechtmäßige, wahrhaftige Herrscherin des Hauses Garres sei. Er belehrte sie und bestärkte sie zur gleichen Zeit und die Panik, die in ihr aufkeimte, flaute immer mehr ab.
„Es gibt einen Geheimgang, einen Wartungstunnel, der direkt in die Katakomben führt.“ Kendra drückte gegen die Fliesen und der niedrige, dunkle Gang öffnete sich. Laszlo ging voran und Kendra folgte ihm auf den Fuß. Die Decke war niedrig und beide mussten kriechen und sich hindurch zwängen. Nach ein paar Minuten hielt Laszlo inne. Der Gang war geflutet worden, mit Blut. Kendra fühlte den Drang in sich hochsteigen, sich in die Fluten zu stürzen und all das Blut in sich aufzunehmen. Sie wusste, es würde durch ihre Haut sickern, sie wusste, dass es eine Falle war. Es war nichtmehr weit, sie würden tauchen müssen, doch Kendra war sich bewusst, dass es ein Fehler wäre, mit dem See aus Blut in Berührung zu kommen. Laszlo beschloss, allein weiter zu gehen. Er würde Hilfe holen und im schlimmsten Fall, an der Seite der letzten loyalen Garres für den Erhalt des Hauses kämpfen, das Jahrhunderte lang seine Feinde gewesen waren. Er fragte Kendra, wem er vertrauen konnte. „Virgil, er ist loyal“, antwortete eine zusehends verzweifelte Kendra. Laszlo gebot ihr, hier zu bleiben. Kendra bewunderte diesen Mann. Er war allein, umringt von Feinden und dennoch blieb er stolz, entschlossen und behielt einen kühlen Kopf. Insgeheim wünschte sie sich, nur ein wenig so zu sein wie Laszlo Valerius, doch sie war kein bisschen wie der Vampir, der sich von ihr abwandte und in den roten Fluten untertauchte. Ängstlich schlang sie die Arme um ihre angezogenen Knie, während die dunklen Wände des engen Ganges immer näher zu rücken schienen.
Bestie in Samt und Seide
Isaak versperrte ihm den Weg. Der Hohepriester des Blutkultes hatte die schwere Panzertüre mit Blutmagie versiegelt. Er hatte ein gutes Dutzend Bloodsucker mitgebracht, die inaktiv bei ihm standen.
Ruben sah seine Chancen, Kendra zu erreichen, angesichts dieser Übermacht schwinden. Irgendwie hatte es Isaak geschafft, vor ihm bei dem Besprechungsraum zu sein. Der Hohepriester gab sich siegessicher und offenbarte Ruben nun das wahre Ausmaß seines Verrats. In der großen Halle sprach Isaak noch vom Kult und dessen Aufstieg, doch nun fiel ein ganz anderer Name. Ottokar von Corvinus. Isaak hatte vieles getan, um seinem neuen Herrn zu gefallen. Er war es, der Laslo Valerius vergiftet hatte, darum gelang es ihm auch, ihn zu heilen. Das Alles nur, um den Herrn des Hauses hier herzulocken. Laszlo würde sein altes Blut beisteuern, um aus Kendra eine Blutheilige zu machen und er, Isaak Garres, würde seinem Herren nicht nur einen toten Feind, sondern auch eine neue monströse Waffe überreichen. Zwei Fliegen mit nur einer Klappe.
Ruben fühlte, wie sein eigener Zorn mit jedem gesprochenen Wort anwuchs. Isaak hatte die Worte falsch gedeutet. Keine Blutheilige, kein Dämon, eine Königin sollte Kendra werden. Ein Königin des Blutes. Das Blut hatte es ihm selbst zugerufen, als er Kendra das erste Mal in die Katakomben geführt hatte. „Arash cur bar Valarch!“, hatte es gerufen, „Ruben, Arash been cur Valarch!“ Das Blut braucht seine Königin! Ruben, gib dem Blut seine Königin.
Als Ruben diese Worte laut wiederholte, schien Isaak kurz zu zweifeln, doch seine Arroganz und seine Machtgier hatten ihn längst über seine heilige Pflicht dem Blut gegenüber gehoben und er schickte seine Bloodsucker aus, um das lästige Insekt, das Ruben in seinen Augen darstellte, zu vernichten.
Ruben war schnell. Er schlüpfte an den Sucker vorbei und griff Isaak an. Die Tür im Rücken benutzte er Isaaks Körper als Schild gegen dessen Bloodsucker und verbiss sich in seinem Hals. Isaak schüttelte ihn ab und zog zwei mit Blut gesegnete Dolche unter seiner Robe hervor. Die Dolche wirbelten und fügten Ruben schwere Wunden zu. Getroffen lehnte er sich gegen die gepanzerte Tür, doch geschlagen war Ruben noch nicht. Er murmelte alte Worte der Macht. Einen Fluch des Blutes für Isaak Garres. Dieser lachte über ihn und seinen törichten Versuch, bis sich seine Bloodsucker gegen ihn wandten.
Sie hätten ihn beinahe zerrissen, doch Isaak war nicht umsonst der Hohepriester des Kultes. Er biss sich auf die Zunge und als er das Blut ausspuckte, das sich in seiner Mundhöhle angesammelt hatte, und seinerseits Worte des Blutes sprach, fielen seine Sucker tot um, wie Marionetten, deren Schnüre man durchtrennt hatte. Fauchend ging er erneut auf Ruben los. Seine Klingen bohrten sich in Rubens Schultern und das Gift auf den Klingen begann sein tödliches Werk. Ruben fühlte, wie er immer schwächer wurde, seine Beine gaben unter ihm nach und er fiel auf die Knie. Er selbst war fast sechshundert Jahre alt und all die Zeit war er immer mehr ein Mann der schönen Worte als ein Mann des Kampfes gewesen, doch tief in ihm lauerte seit jeher etwas, wie eine Schlange um seine Seele gewunden. Tief unter der Haut des gepflegten jungen Mannes, mit dem vollen langen Haar, diesen schönen traurigen Augen und dem schelmischen Lächeln schlummerte eine Bestie. Und diese Bestie, in Samt und Seide gehüllt, war es, die ihm nun Kraft verlieh.
Isaak holte aus, zum letzten tödlichen Hieb, eine Verwünschung auf den Lippen, da fiel die Bestie über ihn her. Lange Fänge schlossen sich um Isaaks Kehle und rissen sie aus seinem Hals heraus. Ruben hielt die Leiche des Isaak am Schopf fest, das Blut spritzte aus dem Hals des Hohepriesters auf die Panzertüre und wusch Isaaks Zauber hinweg. Als sich die Türe endlich öffnete, ließ Ruben die leblose ausgeblutete Hülle des Verräters achtlos zu Boden fallen. Es gab nur eine Sache, die jetzt für ihn eine Bedeutung hatte. Seine Königin, seine Kendra.
Der Raum war voller Blut, da war Kendras Schwert, verbogen und ruiniert. Rubens Sinne waren scharf, selbst für die Maßstäbe der Vampire. Er konnte sie riechen, das Schlagen ihres Herzens hören und schnell wusste er, wo sie zu finden war. Ruben eilte zu dem geheimen Wartungstunnel und schlüpfte hinein.
In diesem Zeichen wirst du siegen
Laszlo tauchte durch das Blut, exakt den Weg, den Kendra ihm beschrieben hatte. Unweigerlich schluckte er etwas davon und seine Gabe gewährte ihm Einblicke in die vermischten Erinnerungen der hunderten Toten, die für diese Falle ihr Leben lassen mussten. Illegale Einwanderer, Obdachlose, Sträflinge. Der Kult hatte sie zusammengesammelt und hierher gebracht. Er tauchte aus dem Blut heraus und schnappte nach Luft, während er wieder an Land kletterte. Er befand sich nun in den Katakomben und die einzige Richtung, die er kannte, war die, aus der die Seelen gekommen waren die hier, an dem Punkt, an dem er gerade stand, geschlachtet und ausgeblutet wurden.
Er säuberte seine Revolver, während er vorsichtig durch die Gänge schritt, vorbei an den großen, nun leeren Käfigen, in denen die Opfer eingesperrt waren, bis er in einer großen Kaverne angekommen war. Er sah die ausgebluteten Vampire an den Wänden und das Schlachtfeld zu seinen Füßen. Priester und Bloodsucker lagen, wo sie getötet worden waren. Ihre Leiber zerhackt und aufgeschlitzt. Gemeinsam mussten es an die Hundert sein. Laszlo irrte weiter, der Spur aus Leichen folgend, bis er an der Stelle angekommen war, an dem man versucht hatte, ihn zu töten. Neben den zerbrochenen Gitterstäben lag Virgil Garres. Der Henker der Garres war schwer verwundet, aber nicht tot. Laszlo öffnete sich die Ader am Handgelenk und gab ihm zu trinken. Er rettete Virgil das Leben. Es schadete nicht, wenn der gefährlichste Killer des Hauses Garres ihm einen Gefallen schuldete und er würde diesen Mann noch brauchen, sollten sich noch mehr Verräter in den Katakomben herumtreiben. Doch sie fanden nur Xander und die Hauswachen, die gerade die letzten Widerstandsnester aushoben. Das Haus Garres war wieder unter Kontrolle. Ein Sieg für Garres und für Laszlo Valerius.
Sie versorgten seine Wunden und manche feierten ihn als Helden. Als er das Haus verließ, bestärkte Xander noch einmal das Bündnis zwischen Valerius und Garres und warnte Laszlo noch vor den Salvatore-Zwillingen. Xander hatte da so ein Gefühl, dass ihnen nicht zu trauen sei. Laszlo traute dem Haus Salvatore ohnehin niemals, doch waren die Zwillinge ebenso am Fall der Corvinus beteiligt gewesen wie Valerius und Garres. Vielleicht kämpften sie ebenfalls gerade gegen Verräter in den eigenen Reihen. Laszlo würde sich zumindest anhören, was die beiden zu sagen hatten. Jeder potenzieller Verbündeter war besser als gar keiner. Kendra bekam Laszlo nicht mehr zu Gesicht. Xander würde ihr seine Grüße überbringen. Dann verließ der Erste der Todeshändler, Herr des Hauses Valerius, das Haus seiner neuen Verbündeten, stolz, aufrecht und ungebrochen.
Bestimmung
Es waren gut vier Jahrhunderte vergangen, seit sie zur Vampirin geworden war, und dennoch hatte sich nichts verändert. Erneut saß sie in einem dunklen Raum, ihre Seele und ihr Leib misshandelt, ohne dass sie eine Chance hatte sich zu wehren. Sie weinte bittere Tränen der Furcht und abermals, wie vor vierhundert Jahren, kam er zu ihr, um sie zu befreien und ihr ein neues Leben zu schenken. Ruben umarmte und küsste sie zärtlich. Brachte sie aus dem Tunnel und trug sie aus dem Raum hinaus, der zu einer Falle geworden war. „Ich denke, es ist Zeit, meine Königin“, hauchte er ihr zu. Kendra nickte. „Ich weiß…“
Er führte sie zu dem Altar, vor dem Kendra gestanden hatte, als er sie das erste Mal in die Katakomben geführt hatte. Diesmal waren die Wände so sehr von Blut getränkt wie noch nie zuvor in der Geschichte des Kultes.
„Men Ruben!“, rief er in die Leere der Gänge. „Min baneen en Arashan cur Valarch!“
Kendra hatte sich entkleidet und rücklinks auf den Altar gelegt.
„Arash cur been Valarch…“, flüsterte das Blut in den Wänden. Ein Tropfen fiel von der Decke herab und traf auf Kendras nackte Haut.
"Principiis obsta!" - Wehre den Anfängen!
Laszlo Valerius stand am Balkon seiner Gemächer in Weißenburg und beobachtete die schwarze Limousine, die sich ihren Weg durch die Karpaten zu seiner Residenz bahnte. Haus Eden war unterwegs zu ihm und würde bald eintreffen. Tatjana war bei ihm und brachte ihn auf den neuesten Stand. Mircella von Loire hatte ihren Herausforderer in Stücke gerissen und saß nun wieder fest im Sattel der Loire-Wölfe. Blackmaws Chance war vertan, aber das war ihr Problem, nicht das der Valerius. Ein Wolfrudel mit einer solchen Macht, wie es Blackmaw angestrebt hatte, wäre zu gefährlich und unkontrollierbar geworden. Ihre Suche hatte auch keine Ergebnisse gebracht und Ottokar verblieb im Dunkeln. Dennoch sollte man Blackmaw nicht abschätzig behandeln. Ihre Hilfe würde im kommenden Krieg unverzichtbar sein. Sie waren stolz und leicht beleidigt, aber zu hoch schätzen musste man sie auch nicht. Schließlich waren sie, trotz allem, nichts anderes als räudige Hunde.
Laszlo würde nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Marcus‘ Fehler war es, sich selbst als zu wichtig zu erachten. Es ging niemals um die Größe des Hauses, es ging um die Größe des Marcus. Es war der Name Marcus Valerius, der voller Ehrfurcht in allen Winkeln der Welt ausgesprochen wurde. Seine ganze Existenz über streckte sich Marcus Valerius nach der Decke, und als er sie erreicht hatte, wurde er wahnsinnig und die Frau, die er wie sein eigenes Kind großgezogen hatte, brachte ihm am Ende den Tod. Laszlo würde das Haus Valerius wieder zu altem Ruhm führen und noch darüber hinaus. Nicht sein Name sondern der Name Valerius sollte es sein, der voller Ehrfurcht geflüstert werden sollte. Alle Vampire, die Jünglinge und die älteren, sollten voller Stolz behaupten können ein Valerius zu sein. Die kleinen Häuser würden nicht gezwungen werden, sie würden sich darum reißen, ein Teil der Valerius zu werden. Laszlo würde Tatjana darauf vorbereiten, seine Nachfolgerin zu werden. Sollte er fallen, würde er keinen verängstigten, alleingelassenen Jungen wie Piotre es war, hinterlassen, sondern eine Herrscherin, die auf den Tag da weiter machen konnte, an dem Laszlo geendet hatte. Valerius würde erst aufhören, an Macht zu gewinnen, wenn der ganzen Welt ein stählernes „V“ aufgedrückt war, denn es war ihre Bestimmung zu herrschen. Valerius Invictus. Ungebrochen. Unbezwungen.
Tatjana verstand gut, sie war ein kluges Kind, doch sie war noch jung und unbesonnen, sprach mit Verachtung über Verbündete und Feinde. Es würde die Zeit kommen, da würde Erfahrung und Weisheit ihr die Besonnenheit geben, die sie brauchte, um diesen Makel abzulegen.
Ein Krieg stand bevor. Ein alter Feind hatte sich aus dem Grab erhoben, um den Neuaufstieg der Valerius aufzuhalten. Das Haus würde auch diesen Feind überstehen. Laszlo scharte Verbündete um sich. Gegen die gesamte Welt hatte selbst ein so alter Feind wie Ottokar keine Chance und wenn Corvinus erneut besiegt war, würde man sich anschicken, die Welt in die richtigen Hände zu legen. In die Hände von Valerius.
Laszlo machte sich auf den Weg in den Thronsaal. Sein Gast aus dem neuen Hause Eden war bereits angekommen und er wollte nicht unhöflich sein und ihn warten lassen.
Ruben erreichte die Katakomben des Blutkults. Das Blut in seinen Adern pulsierte im Rhythmus der Kräfte, die sich rund um ihn sammelten. Er entdeckte Bloodsucker, die alleine durch die Gänge streiften. Es war verboten, Bloodsucker in den obersten Ebenen der Katakomben frei herumstreifen zu lassen, aber die Kreaturen schienen keine Notiz von ihm zu nehmen. Wie Motten, die auf das Licht zuhielten, schlurften sie auf die große Kammer zu. Ruben folgte ihnen. Es war heiß, schwül und feucht. Das Blut bildete ein Miasma aus rötlichem Dampf, der in Haut und Kleidung kroch. Ruben schritt hindurch und ein feiner Film aus Blut bedeckte ihn fast vollständig, als er die große Kammer betrat. An den Wänden waren Vampire aufgehängt und bluteten langsam aus. Gefangene, manche von ihnen waren schon seit Jahrhunderten Geiseln der Garres. Fast der gesamte Kult hatte sich versammelt und das Ritual war bereits in vollem Gange. Eine Säule aus Blut erhob sich inmitten der skandierenden Priester, floss nach oben und drückte gegen die Decke. Ruben wusste, was sich oberhalb der großen Kammer befand. Der Sicherheitsraum, in dem Kendra gerade Laszlo Valerius empfing.
Laszlo grinste zufrieden, als Kendra Garres über das Konzil vom Leder zog. Sie war sich sehr wohl bewusst, dass Irons sie und ihr Haus zu einer seiner Marionetten gemacht hatte. Gerade als es um Details der Zusammenarbeit ihrer beiden Häuser ging, begann die Atmosphäre in dem Raum zu kippen. Zuerst ganz subtil. Kendra zögerte, zitterte, begann zu schwitzen. Laszlo leckte sich über die Lippen, als Kendras Haut schweißfeucht wurde. Ihre bebenden Brüste schienen sich noch stärker von ihre klammen Kleidung abzuheben, ihr flacher Bauch, ihre Hüften schienen in freudiger Erwartung seiner Berührung zu vibrieren. Ihre Augen flüsterten seinen Namen, flehten ihn an, er möge sie dazu bringen, ihn zu stöhnen und laut auszurufen. Trotz ihrer Maske war sie eine anziehende Frau, ein Versprechen der Lust, die Erfüllung aller fleischlichen Begierden. Laszlo kämpfte ihn mit purer Willenskraft nieder, den Drang, sich auf sie zu stürzen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen und ihr die Kraft eines Valerius zu zeigen. Er war nicht deswegen hergekommen und so sehr sein Verlangen in ihm brannte, sagte ihm sein Verstand, dass es nicht natürlichen Ursprungs war. Kendra schien ihren eigenen Kampf auszufechten. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren und plötzlich sprang sie auf, ein Ruck durchfuhr sie und ihre Augen färbten sich blutrot. Unwillkürlich starrte sie Laszlo an und breitete die Arme aus. Ihre Anziehungskraft wurde plötzlich ganz anderer Natur. Laszlo musste sich an dem Tisch festhalten, um nicht von dem Sog erfasst zu werden. Er spürte sein Blut, wie es gegen seine Hülle drückte und sich langsam einen Weg durch die Poren seiner Haut bahnte.
Isaak bemerkte Ruben, der ungläubig am Rand der Kaverne stand und zu begreifen versuchte, was hier vor sich ging. Der Hohepriester hatte Ruben absichtlich draußen gehalten, fürchtete Rubens „Loyalität“ könnte alles zunichte machen. Er wusste schon seit Langem von Kendras Berufung, war es doch er, der Olivia damals auf das kleine Mädchen aufmerksam gemacht hatte. Das Kind eines Kardinals, heiliges Blut. Isaak erzählte ihm von alten Schriften, die er gelesen und danach verbrannt hatte. Der Kult war Olivias geheimer Verbündeter, hinter all dem steckte Isaak Garres, der Hohepriester des Blutkultes. Er würde heute eine Blutheilige erschaffen und dafür brauchte er das Blut dieses Valerius. Eine Heilige, einen Dämon, keine Königin. Isaaks Loyalität schien nicht mehr länger dem Haus Garres zu gehören. Der Kult sollte wieder auferstehen und Kendra würde sein willfähriges Werkzeug sein, um die Macht des Kultes zu mehren.
„Was willst du jetzt tun, Ruben?“, lachte Isaak, nachdem Ruben anmerkte, dass er das nicht zulassen würde. „Willst du mich jetzt töten?“
Ruben lächelte nur und schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde jetzt gehen…“
Ruben wandte sich um und stolzierte davon. „…Virgil wird dich töten!“
"Mane tace rixe, si vis exire catenam" - Bleib standhaft, schweige und kämpfe, wenn du der Kette entkommen willst
„Reiß dich zusammen! Du bist die Herrin des Hauses Garres! Du hast eine Verantwortung!“ Laszlos Worte zeigten Wirkung, Kendra schien wieder Kontrolle über sich selbst zu haben, und der Sog wurde schwächer. Doch kaum hatte die Herrin des Hauses Garres wieder Kontrolle über sich selbst, aktivierte sich die Sprenkleranlage im Besprechungszimmer. Blut spritzte heraus und tauchte den Raum in glänzendes Rot. Kendra stand zuckend inmitten des Regens und verlor neuerdings die Kontrolle. Das Blut sickerte immer mehr und mehr unter ihre Haut. Laszlo stand inmitten des Sprühregens und begriff. Wer auch immer hinter dieser Hexerei stand, Kendra war das Ziel und er nur das Opferlamm. Je mehr Blut sie ihr verabreichten, umso schwerer würde es werden, ihren Plan zu vereiteln, aber genau das würde Laszlo tun. Er brauchte Kendra genau so schwach und unsicher, wie sie jetzt gerade war. Ein Xander Garres oder wer auch immer scheinbar nach der Macht im Hause Garres griff, würde vielleicht schwerer zu manipulieren sein. Laszlo zog seine Revolver und zerschoss die Sprenkelanlage und der Regen endete. Kendra stand mit weit aufgerissenen roten Augen, japsend und manisch in der Mitte des Raumes. Laszlo verpasste ihr eine schallende Ohrfeige, die Kendra wieder zurück zu ihm brachte. Sie wollte sich gerade beschweren, als Laszlo einen Befehlston anschlug. „Wir müssen hier raus!“
Die Zeit für Höflichkeiten war vorüber. Er musste Kendra am Leben halten, sonst war alles umsonst. Kendra stürmte zu der schweren Panzertür. „…verschlossen…“, hauchte sie ungläubig.
Ruben eilte durch die Gänge und sehr schnell traf er auf Virgil Garres. Der Henker des Hauses war bereits von Laszlo alarmiert worden und war fest entschlossen, dem, was auch immer hier vorging, ein Ende zu setzen. Ruben entschloss sich, seine Äxte auf das Blut der Garres zu prägen. Das kostete zwar wertvolle Zeit, aber es würde dem Schlächter dabei helfen, die Verräter einer adäquaten Strafe zuzuführen. Ruben verabschiedete sich von Virgil und lief weiter nach oben. Er musste Xander finden und, was am Wichtigsten war, er musste Kendra finden. Gerade als er sich wunderte, dass Isaak ihn so leicht hatte entkommen lassen, spürte er, wie das Blut in seinen Adern zu kochen begann. Schmerzverzerrt stolperte er, fiel. Blut lief ihm aus der Nase, den Ohren und er weinte blutige Tränen, doch er war ebenfalls ein Mönch des Kults und mit einer Begabung gesegnet, die nur wenigen zuteil wurde. Er presste die alten Worte der Macht hervor, malte mit seinem Blut ein Zeichen auf seine Brust und sein Blut begann sich wieder zu beruhigen. Kraftlos erhob sich Ruben Garres wieder und mühte sich weiter.
Eine Gruppe Bloodsucker verstellte ihm den Weg. Er hatte keine Zeit, sich mit ihnen zu befassen. Ruben murmelte Kairatans Worte der Beherrschung und übernahm einen der Sucker, der sich sogleich auf seine Artgenossen stürzte. Ruben nutzte die Verwirrung, um hindurch zu schlüpfen und schaffte es am Ende aus den Katakomben nach oben. Die Jünglinge waren arglos, hatten nicht bemerkt, welche Gräuel sich unter ihren Füßen abspielten. Ruben schrie nach der Hauswache, während er sich zu Xanders Zimmer aufmachte. Xander hatte einen Gast. Eine Gestalt, in die Robe des Blutkultes gehüllt. Als Ruben das Uhrenzimmer betrat, bemerkte er, dass sich auch Xander kampfbereit machte. Die Gestalt wirbelte herum, hatte zwei Maschinenpistolen gezogen und eröffnete das Feuer auf die beiden. Ruben stürmte voraus, durch den Kugelhagel. Er benutzte seinen Gehstock als Pflock und pfählte den Attentäter mit tödlicher Präzision.
Ruben brachte seinen Erschaffer schnell auf den neuesten Stand. Isaak hatte Laszlo vergiftet, um ihn letzten Endes in das Haus Garres zu locken. Er brauchte ihn als Opferlamm für seinen wahnsinnigen Plan, Kendra in eine Blutheilige zu verwandeln. Xander eilte los, um die Hauswachen zu versammeln und in die Katakomben zu führen. Ruben eilte zu dem Besprechungsraum, in dem Kendra und Laszlo eingesperrt waren.
Kendras Schwert gab nach und verbog sich, als die Kraft zweier Vampire sich dagegenstemmte, um die Panzertür aufzuhebeln. Ihr eigenes Haus hatte sie verraten. Kendra wurde sich bewusst, dass sie die Kontrolle verloren hatte. In einem Moment war sie noch die gefürchtete und gefeierte neue Herrin der Garres, und plötzlich, wie aus dem Nichts, wurde sie die Zielscheibe des Verrats. Laszlo machte ihr das bewusst, aber trotz seiner berechtigten Vorwürfe ließ er niemals Zweifel daran, dass sie, Kendra Garres, die rechtmäßige, wahrhaftige Herrscherin des Hauses Garres sei. Er belehrte sie und bestärkte sie zur gleichen Zeit und die Panik, die in ihr aufkeimte, flaute immer mehr ab.
„Es gibt einen Geheimgang, einen Wartungstunnel, der direkt in die Katakomben führt.“ Kendra drückte gegen die Fliesen und der niedrige, dunkle Gang öffnete sich. Laszlo ging voran und Kendra folgte ihm auf den Fuß. Die Decke war niedrig und beide mussten kriechen und sich hindurch zwängen. Nach ein paar Minuten hielt Laszlo inne. Der Gang war geflutet worden, mit Blut. Kendra fühlte den Drang in sich hochsteigen, sich in die Fluten zu stürzen und all das Blut in sich aufzunehmen. Sie wusste, es würde durch ihre Haut sickern, sie wusste, dass es eine Falle war. Es war nichtmehr weit, sie würden tauchen müssen, doch Kendra war sich bewusst, dass es ein Fehler wäre, mit dem See aus Blut in Berührung zu kommen. Laszlo beschloss, allein weiter zu gehen. Er würde Hilfe holen und im schlimmsten Fall, an der Seite der letzten loyalen Garres für den Erhalt des Hauses kämpfen, das Jahrhunderte lang seine Feinde gewesen waren. Er fragte Kendra, wem er vertrauen konnte. „Virgil, er ist loyal“, antwortete eine zusehends verzweifelte Kendra. Laszlo gebot ihr, hier zu bleiben. Kendra bewunderte diesen Mann. Er war allein, umringt von Feinden und dennoch blieb er stolz, entschlossen und behielt einen kühlen Kopf. Insgeheim wünschte sie sich, nur ein wenig so zu sein wie Laszlo Valerius, doch sie war kein bisschen wie der Vampir, der sich von ihr abwandte und in den roten Fluten untertauchte. Ängstlich schlang sie die Arme um ihre angezogenen Knie, während die dunklen Wände des engen Ganges immer näher zu rücken schienen.
Bestie in Samt und Seide
Isaak versperrte ihm den Weg. Der Hohepriester des Blutkultes hatte die schwere Panzertüre mit Blutmagie versiegelt. Er hatte ein gutes Dutzend Bloodsucker mitgebracht, die inaktiv bei ihm standen.
Ruben sah seine Chancen, Kendra zu erreichen, angesichts dieser Übermacht schwinden. Irgendwie hatte es Isaak geschafft, vor ihm bei dem Besprechungsraum zu sein. Der Hohepriester gab sich siegessicher und offenbarte Ruben nun das wahre Ausmaß seines Verrats. In der großen Halle sprach Isaak noch vom Kult und dessen Aufstieg, doch nun fiel ein ganz anderer Name. Ottokar von Corvinus. Isaak hatte vieles getan, um seinem neuen Herrn zu gefallen. Er war es, der Laslo Valerius vergiftet hatte, darum gelang es ihm auch, ihn zu heilen. Das Alles nur, um den Herrn des Hauses hier herzulocken. Laszlo würde sein altes Blut beisteuern, um aus Kendra eine Blutheilige zu machen und er, Isaak Garres, würde seinem Herren nicht nur einen toten Feind, sondern auch eine neue monströse Waffe überreichen. Zwei Fliegen mit nur einer Klappe.
Ruben fühlte, wie sein eigener Zorn mit jedem gesprochenen Wort anwuchs. Isaak hatte die Worte falsch gedeutet. Keine Blutheilige, kein Dämon, eine Königin sollte Kendra werden. Ein Königin des Blutes. Das Blut hatte es ihm selbst zugerufen, als er Kendra das erste Mal in die Katakomben geführt hatte. „Arash cur bar Valarch!“, hatte es gerufen, „Ruben, Arash been cur Valarch!“ Das Blut braucht seine Königin! Ruben, gib dem Blut seine Königin.
Als Ruben diese Worte laut wiederholte, schien Isaak kurz zu zweifeln, doch seine Arroganz und seine Machtgier hatten ihn längst über seine heilige Pflicht dem Blut gegenüber gehoben und er schickte seine Bloodsucker aus, um das lästige Insekt, das Ruben in seinen Augen darstellte, zu vernichten.
Ruben war schnell. Er schlüpfte an den Sucker vorbei und griff Isaak an. Die Tür im Rücken benutzte er Isaaks Körper als Schild gegen dessen Bloodsucker und verbiss sich in seinem Hals. Isaak schüttelte ihn ab und zog zwei mit Blut gesegnete Dolche unter seiner Robe hervor. Die Dolche wirbelten und fügten Ruben schwere Wunden zu. Getroffen lehnte er sich gegen die gepanzerte Tür, doch geschlagen war Ruben noch nicht. Er murmelte alte Worte der Macht. Einen Fluch des Blutes für Isaak Garres. Dieser lachte über ihn und seinen törichten Versuch, bis sich seine Bloodsucker gegen ihn wandten.
Sie hätten ihn beinahe zerrissen, doch Isaak war nicht umsonst der Hohepriester des Kultes. Er biss sich auf die Zunge und als er das Blut ausspuckte, das sich in seiner Mundhöhle angesammelt hatte, und seinerseits Worte des Blutes sprach, fielen seine Sucker tot um, wie Marionetten, deren Schnüre man durchtrennt hatte. Fauchend ging er erneut auf Ruben los. Seine Klingen bohrten sich in Rubens Schultern und das Gift auf den Klingen begann sein tödliches Werk. Ruben fühlte, wie er immer schwächer wurde, seine Beine gaben unter ihm nach und er fiel auf die Knie. Er selbst war fast sechshundert Jahre alt und all die Zeit war er immer mehr ein Mann der schönen Worte als ein Mann des Kampfes gewesen, doch tief in ihm lauerte seit jeher etwas, wie eine Schlange um seine Seele gewunden. Tief unter der Haut des gepflegten jungen Mannes, mit dem vollen langen Haar, diesen schönen traurigen Augen und dem schelmischen Lächeln schlummerte eine Bestie. Und diese Bestie, in Samt und Seide gehüllt, war es, die ihm nun Kraft verlieh.
Isaak holte aus, zum letzten tödlichen Hieb, eine Verwünschung auf den Lippen, da fiel die Bestie über ihn her. Lange Fänge schlossen sich um Isaaks Kehle und rissen sie aus seinem Hals heraus. Ruben hielt die Leiche des Isaak am Schopf fest, das Blut spritzte aus dem Hals des Hohepriesters auf die Panzertüre und wusch Isaaks Zauber hinweg. Als sich die Türe endlich öffnete, ließ Ruben die leblose ausgeblutete Hülle des Verräters achtlos zu Boden fallen. Es gab nur eine Sache, die jetzt für ihn eine Bedeutung hatte. Seine Königin, seine Kendra.
Der Raum war voller Blut, da war Kendras Schwert, verbogen und ruiniert. Rubens Sinne waren scharf, selbst für die Maßstäbe der Vampire. Er konnte sie riechen, das Schlagen ihres Herzens hören und schnell wusste er, wo sie zu finden war. Ruben eilte zu dem geheimen Wartungstunnel und schlüpfte hinein.
In diesem Zeichen wirst du siegen
Laszlo tauchte durch das Blut, exakt den Weg, den Kendra ihm beschrieben hatte. Unweigerlich schluckte er etwas davon und seine Gabe gewährte ihm Einblicke in die vermischten Erinnerungen der hunderten Toten, die für diese Falle ihr Leben lassen mussten. Illegale Einwanderer, Obdachlose, Sträflinge. Der Kult hatte sie zusammengesammelt und hierher gebracht. Er tauchte aus dem Blut heraus und schnappte nach Luft, während er wieder an Land kletterte. Er befand sich nun in den Katakomben und die einzige Richtung, die er kannte, war die, aus der die Seelen gekommen waren die hier, an dem Punkt, an dem er gerade stand, geschlachtet und ausgeblutet wurden.
Er säuberte seine Revolver, während er vorsichtig durch die Gänge schritt, vorbei an den großen, nun leeren Käfigen, in denen die Opfer eingesperrt waren, bis er in einer großen Kaverne angekommen war. Er sah die ausgebluteten Vampire an den Wänden und das Schlachtfeld zu seinen Füßen. Priester und Bloodsucker lagen, wo sie getötet worden waren. Ihre Leiber zerhackt und aufgeschlitzt. Gemeinsam mussten es an die Hundert sein. Laszlo irrte weiter, der Spur aus Leichen folgend, bis er an der Stelle angekommen war, an dem man versucht hatte, ihn zu töten. Neben den zerbrochenen Gitterstäben lag Virgil Garres. Der Henker der Garres war schwer verwundet, aber nicht tot. Laszlo öffnete sich die Ader am Handgelenk und gab ihm zu trinken. Er rettete Virgil das Leben. Es schadete nicht, wenn der gefährlichste Killer des Hauses Garres ihm einen Gefallen schuldete und er würde diesen Mann noch brauchen, sollten sich noch mehr Verräter in den Katakomben herumtreiben. Doch sie fanden nur Xander und die Hauswachen, die gerade die letzten Widerstandsnester aushoben. Das Haus Garres war wieder unter Kontrolle. Ein Sieg für Garres und für Laszlo Valerius.
Sie versorgten seine Wunden und manche feierten ihn als Helden. Als er das Haus verließ, bestärkte Xander noch einmal das Bündnis zwischen Valerius und Garres und warnte Laszlo noch vor den Salvatore-Zwillingen. Xander hatte da so ein Gefühl, dass ihnen nicht zu trauen sei. Laszlo traute dem Haus Salvatore ohnehin niemals, doch waren die Zwillinge ebenso am Fall der Corvinus beteiligt gewesen wie Valerius und Garres. Vielleicht kämpften sie ebenfalls gerade gegen Verräter in den eigenen Reihen. Laszlo würde sich zumindest anhören, was die beiden zu sagen hatten. Jeder potenzieller Verbündeter war besser als gar keiner. Kendra bekam Laszlo nicht mehr zu Gesicht. Xander würde ihr seine Grüße überbringen. Dann verließ der Erste der Todeshändler, Herr des Hauses Valerius, das Haus seiner neuen Verbündeten, stolz, aufrecht und ungebrochen.
Bestimmung
Es waren gut vier Jahrhunderte vergangen, seit sie zur Vampirin geworden war, und dennoch hatte sich nichts verändert. Erneut saß sie in einem dunklen Raum, ihre Seele und ihr Leib misshandelt, ohne dass sie eine Chance hatte sich zu wehren. Sie weinte bittere Tränen der Furcht und abermals, wie vor vierhundert Jahren, kam er zu ihr, um sie zu befreien und ihr ein neues Leben zu schenken. Ruben umarmte und küsste sie zärtlich. Brachte sie aus dem Tunnel und trug sie aus dem Raum hinaus, der zu einer Falle geworden war. „Ich denke, es ist Zeit, meine Königin“, hauchte er ihr zu. Kendra nickte. „Ich weiß…“
Er führte sie zu dem Altar, vor dem Kendra gestanden hatte, als er sie das erste Mal in die Katakomben geführt hatte. Diesmal waren die Wände so sehr von Blut getränkt wie noch nie zuvor in der Geschichte des Kultes.
„Men Ruben!“, rief er in die Leere der Gänge. „Min baneen en Arashan cur Valarch!“
Kendra hatte sich entkleidet und rücklinks auf den Altar gelegt.
„Arash cur been Valarch…“, flüsterte das Blut in den Wänden. Ein Tropfen fiel von der Decke herab und traf auf Kendras nackte Haut.
"Principiis obsta!" - Wehre den Anfängen!
Laszlo Valerius stand am Balkon seiner Gemächer in Weißenburg und beobachtete die schwarze Limousine, die sich ihren Weg durch die Karpaten zu seiner Residenz bahnte. Haus Eden war unterwegs zu ihm und würde bald eintreffen. Tatjana war bei ihm und brachte ihn auf den neuesten Stand. Mircella von Loire hatte ihren Herausforderer in Stücke gerissen und saß nun wieder fest im Sattel der Loire-Wölfe. Blackmaws Chance war vertan, aber das war ihr Problem, nicht das der Valerius. Ein Wolfrudel mit einer solchen Macht, wie es Blackmaw angestrebt hatte, wäre zu gefährlich und unkontrollierbar geworden. Ihre Suche hatte auch keine Ergebnisse gebracht und Ottokar verblieb im Dunkeln. Dennoch sollte man Blackmaw nicht abschätzig behandeln. Ihre Hilfe würde im kommenden Krieg unverzichtbar sein. Sie waren stolz und leicht beleidigt, aber zu hoch schätzen musste man sie auch nicht. Schließlich waren sie, trotz allem, nichts anderes als räudige Hunde.
Laszlo würde nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Marcus‘ Fehler war es, sich selbst als zu wichtig zu erachten. Es ging niemals um die Größe des Hauses, es ging um die Größe des Marcus. Es war der Name Marcus Valerius, der voller Ehrfurcht in allen Winkeln der Welt ausgesprochen wurde. Seine ganze Existenz über streckte sich Marcus Valerius nach der Decke, und als er sie erreicht hatte, wurde er wahnsinnig und die Frau, die er wie sein eigenes Kind großgezogen hatte, brachte ihm am Ende den Tod. Laszlo würde das Haus Valerius wieder zu altem Ruhm führen und noch darüber hinaus. Nicht sein Name sondern der Name Valerius sollte es sein, der voller Ehrfurcht geflüstert werden sollte. Alle Vampire, die Jünglinge und die älteren, sollten voller Stolz behaupten können ein Valerius zu sein. Die kleinen Häuser würden nicht gezwungen werden, sie würden sich darum reißen, ein Teil der Valerius zu werden. Laszlo würde Tatjana darauf vorbereiten, seine Nachfolgerin zu werden. Sollte er fallen, würde er keinen verängstigten, alleingelassenen Jungen wie Piotre es war, hinterlassen, sondern eine Herrscherin, die auf den Tag da weiter machen konnte, an dem Laszlo geendet hatte. Valerius würde erst aufhören, an Macht zu gewinnen, wenn der ganzen Welt ein stählernes „V“ aufgedrückt war, denn es war ihre Bestimmung zu herrschen. Valerius Invictus. Ungebrochen. Unbezwungen.
Tatjana verstand gut, sie war ein kluges Kind, doch sie war noch jung und unbesonnen, sprach mit Verachtung über Verbündete und Feinde. Es würde die Zeit kommen, da würde Erfahrung und Weisheit ihr die Besonnenheit geben, die sie brauchte, um diesen Makel abzulegen.
Ein Krieg stand bevor. Ein alter Feind hatte sich aus dem Grab erhoben, um den Neuaufstieg der Valerius aufzuhalten. Das Haus würde auch diesen Feind überstehen. Laszlo scharte Verbündete um sich. Gegen die gesamte Welt hatte selbst ein so alter Feind wie Ottokar keine Chance und wenn Corvinus erneut besiegt war, würde man sich anschicken, die Welt in die richtigen Hände zu legen. In die Hände von Valerius.
Laszlo machte sich auf den Weg in den Thronsaal. Sein Gast aus dem neuen Hause Eden war bereits angekommen und er wollte nicht unhöflich sein und ihn warten lassen.
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